Im November denken viele von uns vielleicht nicht an Waldbrände, aber ein Blick auf eine Waldbrandkarte zeigt, dass sie auch in dieser Jahreszeit Flächen wichtiger Waldökosysteme zerstören. In Westaustralien zum Beispiel erleben sie gerade eine ungewöhnliche Hitzewelle und ein Waldbrand hat letzte Woche mehrere Häuser und 1500 Hektar zerstört. In diesem Artikel berichtet unser studentischer Mitarbeiter Tim Kortekamp über die Folgen von Waldbränden für Wälder und Forsten. Über einige Links können Sie auch selbst verfolgen, wo es jetzt brennt.

Obwohl es in unseren Gefilden so langsam kälter wird und wir bei Schnee und Regen zumeist nicht mehr an den heißen Sommer denken, so sind doch auch in diesem Jahr wieder Waldbrände aufgetreten. Wir haben von Bränden in Griechenland und Portugal in den Nachrichten gehört, letztes Jahr brannte es in der Sächsischen Schweiz und Brandenburg hatte 2022 bundesweit die meisten Waldbrände zu verzeichnen. Durchschnittlich verbrennen jedes Jahr in Deutschland 847 Hektar Waldfläche. 2020, 2021 und 2023 waren Jahre mit deutlich geringeren Verlusten, wobei 2022 mit über 3.000 Hektar ein überdurchschnittliches Waldbrandjahr war.

Unter folgendem Link finden Sie die aktuelle Lage im EFFIS – dem Europäischen Waldbrand-Informationssystem: → https://effis.jrc.ec.europa.eu/apps/effis_current_situation/

  • aktivieren Sie unter „ACTIVE FIRES“ die Kästechen „MODIS“ und „VIIRS“ (das sind verschiedene Quellen), um aktuelle Waldbrände bzw. Wildfeuer anzuzeigen
  • aktivieren Sie „FIRE DANGER FORECAST“, um die aktuelle Feuerwetter-Vorhersage anzuzeigen

Auch gerade finden sich noch aktive Feuer. Besonders im Mittelmeerraum an der spanischen Küste, dem Atlasgebirge und in Anatolien sowie den griechischen Inseln. Oder schauen Sie außerhalb Europas, z.B. im Norden Brasiliens, in der Sahelzone oder an Australiens Westküste Nähe Perth.

EFFIS forecast 2023 08 11
EFFIS-Karte mit Wildfeuern der letzten 7 Tage (bis 28.11.2023)

Die selbe Karte, mit Überlagerung der Feuerwetter-Vorhersage für Kalenderwoche 33 (Mitte August 2023)

→ grün = geringe Wildbrandgefahr

→ orange bis rot = hohe Wildbrandgefahr

Quelle: Europäisches Waldbrandinformationssystem (Europäische Kommission/Copernicus)

(Grundkarte: © MapTiler © OpenStreetMap contributors)

Ein klimaresistenter Wald ist mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen. Im gesunden Zustand verfügen Wälder über eine Anpassungsfähigkeit an Temperaturschwankungen, sich ändernde Niederschlagsmuster und andere Umweltbelastungen und sichern gleichzeitig das Überleben der dort lebenden Flora und Fauna. Millionen von Kleinstlebewesen, tausende von Insekten und eine große Fülle weiterer Tiere ist auf die Bereitstellung von Nahrung, Lebensraum und Schutz durch den Wald angewiesen. Durch schnelle Änderungen im Mikroklima oder in der Zusammensetzung des Waldes durch Zerstörung kann die Bereitstellung dieser Funktionen beeinträchtigt werden.

In einer Welt, in der wir und die Natur mit den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen haben, stellen Wälder und Forsten wichtige ökologische Funktionen bereit und wirken als ökologische Puffer. Daher ist es im Hinblick auf das sich ändernde Klima und zukünftige klimatische Extremereignisse wichtig unsere Wälder und Forsten klimaresilient umzubauen und für die Zukunft fit zu machen.

Durch das Verbrennen organischer Materie lebender Bäumen sowie von Totholz wird in den Pflanzenzellen gebundener Kohlenstoff in Form von CO2 freigesetzt. Damit verliert der Wald seine Funktion als Kohlenstoffsenke und das einst gespeicherte Kohlenstoffdioxid gelangt wieder in die Atmosphäre, wo es den Treibhauseffekt bewirkt.

In diesem Zusammenhang stehen Waldbrände als besonders im Sommer auftretende Extremereignisse im Mittelpunkt. Sie bewirken tiefgreifende Veränderungen in den Waldökosystemen. Waldbrände verändern die Phänologie und das Mikroklima der Wälder und stören so ihr Gleichgewicht. Die bei Waldbränden entstehende Hitze kann den Zeitpunkt des Austriebs, der Blüte und des Seneszenzbeginns der Blätter erheblich beeinflussen und damit den gesamten Lebenszyklus der Bäume und auch krautiger Arten am Boden beeinträchtigen.

Waldbrand Paulsdorfer Heide Luarpixel CC4.0

Schäden nach einem Waldbrand in der Nähe von Perth (Australien), 2022

Bild: Wikimedia-Commons-Nutzer Calistemon, CC 4.0

Ca. 30 m2 verbrannte Humusauflage und bodennahe Vegetation in der Paulsdorfer Heide (Erzgebirge), 2018

Bild: Wikimedia-Commons-Nutzer Luarpixel, CC 4.0

Waldbrände können ein Phänomen verursachen, das als „feuerinduzierter Knospenaufbruch (fire-induced bud break)“ bekannt ist. Falls angelegte Knospen nicht in einem Feuer verbrennen, so kann die Hitze eines Feuers schlafende Knospen dazu anregen, früher als gewöhnlich auszutreiben, was zu einer Vorverschiebung des Zeitpunkts des Frühjahrswachstums führt. Dies kann zwar zunächst eine rasche Verjüngung fördern, setzt das neue Wachstum aber auch möglichen Spätfrösten aus und macht junge Triebe so anfällig für Frostschäden. Dieser Effekt tritt vor allem bei früh im Jahr auftretenden Bränden auf.

Das Mikroklima innerhalb eines Waldes spielt eine entscheidende Rolle für seine Widerstandsfähigkeit. Waldbrände können das Mikroklima verändern, indem sie die Struktur und Zusammensetzung der Vegetation und des Bodens verändern. Z.B. durch den Verlust von Bäumen und bodennaher Vegetation gelangt das Sonnenlicht direkter auf den Waldboden, was zu höheren Temperaturen und geringerer Feuchtigkeit führt. Genauso kann die Erosion durch das Fehlen von Pflanzenwurzeln nach Bränden verstärkt werden. Diese Veränderungen können sich auf den Feuchtigkeitshaushalt des Bodens und den Nährstoffkreislauf auswirken und so die Waldgesundheit negativ beeinträchtigen. Junge und lichte Waldbestände mit dichtem Unterwuchs sind daher besonders gefährdet.

In Deutschland ist besonders Brandenburg für Waldbrände anfällig, da die vorherrschenden lockeren sandigen Böden wenig Feuchtigkeit speichern können. Dazu kommt, dass die abgefallenen harzreichen Nadeln der Kiefer, welche 70 % des Brandenburger Waldbestandes ausmacht, wie Zunder wirken können. Wälder mit einer großen Artenvielfalt sind besser gerüstet, um Extremereignissen zu trotzen. Biodiverse Ökosysteme können sich von Störungen schneller erholen als Monokulturen. Durch die Erhaltung einheimischer Arten und die Förderung der Naturverjüngung wird die Widerstandsfähigkeit unserer Wälder gestärkt und die negativen Auswirkungen der veränderten Phänologie und des veränderten Mikroklimas nach Waldbränden abgemildert. Neben der Widerstandsfähigkeit gegenüber abiotischen/klimatischen Einflüssen, bedeuten gesunde Wälder auch eine geringere Anfälligkeit für biotische Schaderreger wie den Borkenkäfer.

Die Wiederaufforstung mit neuen Arten nach Kahlschlag oder Waldbränden, sowohl heimischen Arten als auch gebietsfremden Arten kann als Mittel dienen unsere Wälder und Forsten bereit für die Zukunft zu machen. Durch sich ändernde klimatische Begebenheiten kann sich die ökologische Nische an einem Standort verändern und so bestimmte Baumarten gegenüber Bränden bzw. Trockenheit stärker anfällig werden. Beispielsweise werden in Bayern vermehrt Rotbuchen (Fagus sylvatica) und Tannen (Abies) gepflanzt, welche mit ihren tiefen Wurzeln weniger anfällig gegenüber der Sommertrockenheit sind als die traditionell gepflanzten flachwurzelnden Fichten. Andere nichtheimische Baumarten, welche in Deutschland immer bedeutender werden, sind z.B. die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) aus Nordamerika und die Japanische Lärche (Larix kaempferi), welche schon auf 1,7 % bzw. 0,7 % der deutschen Wald- und Forstflächen wachsen.

→ Weitere Informationen zu „Gastbaumarten“ finden Sie bei der Bayerischen Forstverwaltung: https://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/service/dateien/a96_ges_barrfr_gesch.pdf

In Deutschland haben die Folgen von Borkenkäferausbrüchen und Waldbränden die Bedeutung einer klimaresistenten Waldbewirtschaftung deutlich gemacht. Bei der Wiederaufforstung arbeiten Behörden und Kommunen zusammen und fördern den Anbau von Mischbeständen und einer Vielzahl von Baumarten, um auch im Anblick des sich ändernden Klimas für zukunftssichere Wälder zu sorgen.

Weitere Quellen und interessante Artikel:

Waldbrandgefahr-Index des DWD (nur von März bis Oktober): https://www.dwd.de/DE/leistungen/waldbrandgef/waldbrandgef.html

Statistiken zu Waldbränden in Deutschland: https://www.bmel-statistik.de/forst-holz/waldbrandstatistik/

Statistiken zu Waldbränden in der Europäischen Union: https://effis.jrc.ec.europa.eu/apps/effis.statistics/estimates

FIRMS-Feuerinformationssystem der NASA (mit mehr Einstellmöglichkeiten als EFFIS): https://firms.modaps.eosdis.nasa.gov/map/

Hirschberger et al., 2016: Forests ablaze - Causes and effects of global forest fires: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Study-Forests-Ablaze.pdf

Roces-Díaz et al., 2021: A global synthesis of fire effects on ecosystem services of forests and woodlands: https://doi.org/10.1002/fee.2349

 

Text: Tim Kortekamp

Im Projekt Pflanze KlimaKultur! interessieren wir uns dafür, wie das Stadtklima die Phänologie elf krautiger Pflanzen beeinflusst. Doch was ist das Besondere am Stadtklima und wie lässt es sich bewerten? Dazu erklärt Sebastian Schmidt, HiWi in Leipzig, in diesem Beitrag, wie Leipzig sein Stadtklima analysiert hat und welche Besonderheiten in der Stadtlandschaft Leipzigs dieses beeinflussen. Am Ende finden Sie auch einige Links mit Informationen über die Klimaanalysen in den anderen Projektstädten.

Pflanze KlimaKultur! untersucht die Abhängigkeit der Phänologie krautiger Pflanzen von der Lage innerhalb der Stadt. Eine Prämisse dieser Untersuchung ist die Tatsache, dass sich zentrale, verdichtete Stadtbereiche stärker erwärmen als die weniger versiegelten Stadtränder. Mittlerweile sind die Ursachen dieses sog. Wärmeinseleffekts gut verstanden und es ist sowohl gesellschaftlich als auch politisch ein Problembewusstsein dafür entstanden, welche Herausforderungen immer extremer werdende Hitzeperioden im Zuge des Klimawandels nicht nur für die Lebensqualität, sondern auch für die Gesundheit der Bewohner*innen von (Groß-)Städten darstellen.

In Leipzig werden seit 1997 Stadtklimaanalysen (SKA) durchgeführt, um die thermische Belastung im Stadtgebiet möglichst genau zu erfassen und Lösungsansätze für Problemlagen aufzuzeigen. In diesem Artikel möchte ich Ihnen die aktuelle Analyse aus den Jahren 2017-2021 vorstellen, die sich mit der aktuellen und im Verlauf des Klimawandels zu erwartenden bioklimatischen Belastung im Stadtgebiet Leipzig befasst. Wegen des großen Umfangs kann ich Ihnen hier nur einen groben Überblick bieten, jedoch haben Sie über Links die Möglichkeit, sich bei Interesse weitgehender zu informieren.

Die SKA wurde in zwei Phasen durchgeführt. Den ausführlichen Abschlussbericht von Phase I (2017-2019) mit der Darstellung der Methodik und den Ergebnissen zur aktuellen klimatischen Situation in Leipzig in Form von Klimaanalyse- und Planungshinweiskarten finden Sie HIER, den von Phase II (2019-2021) mit der Darstellung der in Leipzig zu erwartenden Klimaentwicklung und erforderlicher Gegenmaßnahmen finden Sie HIER. Weitere Informationen zum Thema ‚Stadtklima‘ finden Sie HIER auf der Website der Stadt Leipzig.

In Phase I wurden auf Basis aller vorhergehenden Analysen und aktueller Daten u.a. zur Flächennutzung und zum Oberflächenrelief mithilfe des Strömungsmodells FITNAH-3D (vgl. S. 16-19; die folgenden Seitenangaben beziehen sich auf den Abschlussbericht von Phase I) über das gesamte Stadtgebiet die bioklimatische Belastung für den Menschen an einem windstillen, durchschnittlichen Sommertag und die Temperatur- und Luftströmungsverhältnisse in einer windstillen Sommernacht berechnet und sehr detailliert in sog. Klimaanalysekarten graphisch dargestellt (vgl. 38-40 und Anhang). Die Abwesenheit von sog. geostrophischem Wind (aus größeren Wetterlagen) ist die Voraussetzung dafür, dass alleinig die Standorteigenschaften zur Ausprägung der untersuchten klimatischen Verhältnisse führen.

Klimaanalysekarte am Tag in Leipzig

Abb. 1: Stadtklimaanalysekarte für die Situation am Tag. Deutlich zu erkennen ist die starke Erhitzung im Bereich des Stadtkerns, um den Hauptbahnhof mit Gleisanlagen und um größere Industrie- und Gewerbeflächen an den Stadträndern. (Quelle: Stadt Leipzig / GEO-NET Umweltconsulting GmbH)

Die bioklimatische Belastung am Tage wird in der ‚Klimaanalysekarte Tagsituation‘ als Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) dargestellt (vgl. S. 35-37), die in etwa mit der gefühlten Temperatur vergleichbar ist und sowohl Lufttemperatur, -feuchte, Windgeschwindigkeit, Sonneneinstrahlung als auch den physiologischen Wärmehaushalt des Menschen berücksichtigt. Die Standortverhältnisse am Tage ergeben sich v. a. aus dem Grad der Versiegelung, Begrünung und Verschattung (z.B. durch Bäume), sowie aus der Größe der jeweiligen Fläche, deren Lage in der Stadt und dem Vorhandensein von angrenzenden Grünflächen und Wasser (vgl. S. 37 und 25). Stark versiegelte und kaum verschattete Flächen, wie z.B. der Augustusplatz, der Wilhelm-Leuschner-Platz oder der Bereich um den Hauptbahnhof mit seinen Gleisanlagen erhitzen sich besonders stark.

Augustusplatz Augustusplatz von der Oper aus

Abb. 2: Der Augustusplatz mit Gewandhaus, MDR-Turm, Neuem Augusteum, Krochhochhaus und Oper (von links nach rechts) bildet zusammen mit der angrenzenden Hauptverkehrsstraßenkreuzung eine kaum beschattete und sehr große versiegelte Fläche.

Abb. 3: Der Augustusplatz von der Oper aus fotografiert. Von hier ist die starke Versiegelung besonders gut erkennbar.

Wilhelm-Leuschner-Platz Bereich um den Hauptbahnhof Leipzig

Abb. 4: Der Wilhelm-Leuschner-Platz im Süden der Innenstadt ist ebenfalls stark versiegelt, bietet kaum Schatten und wird zudem selten genutzt.

Abb. 5: Der Bereich um den Hauptbahnhof mit den nach Norden verlaufenden Gleisanlagen bildet die größte versiegelte Fläche im innerstädtischen Raum und erwärmt sich und seine Umgebung entsprechend stark.

Der direkt an die Innenstadt grenzende und durch viele Bäume verschattete Johannapark besitzt auch einige Wasserflächen und ist im Vergleich deutlich kühler. Durch seine Nähe zu thermisch stark belasteten Siedlungsbereichen und seiner guten Zugänglichkeit gehört er neben weiteren Parkanlagen und dem Leipziger Auwald zu den Grünflächen mit sehr hoher Funktionalität (vgl. S. 47).

Johannapark Teich und Brücke im Johannapark

Abb. 6: Der Johannapark südwestlich des Stadtkerns ist Teil eines langen Grüngürtels, der sich im Westen bis in den Leipziger Auwald fortsetzt.

Abb. 7: Teich und Brücke im Johannapark. Wasser hat tagsüber einen kühlenden Einfluss auf die Umgebung, gibt jedoch in der Nacht gespeicherte Wärme an die Umgebung ab und wirkt daher vor allem ausgleichend.

Die bioklimatische Belastung in der Nacht wird in der ‚Klimaanalysekarte Nacht‘ nicht als PET, sondern als normale Lufttemperatur dargestellt, da die PET stark von der Sonneneinstrahlung abhängt, die bei Nacht nicht relevant ist. Hier wird die Wärme vor allem von der Bausubstanz abgestrahlt, sodass eine örtliche Abkühlung nur bei guter Ventilation, d.h. Zugänglichkeit für Kaltluft von außen, erfolgen kann. Grün- und Freiflächen in der Stadt und im Umland dienen als Kaltluftentstehungsgebiete. Hier sind also der Grad der Versiegelung, die Höhe der Bebauung, das Vorhandensein von sog. Ventilationsbahnen und Kaltluftleitbahnen sowie die Nähe zu Kaltluftentstehungsgebieten entscheidend (vgl. S. 38-40).

Klimaanalysekarte in der Nacht

Abb. 8: Stadtklimaanalysekarte für die Situation in der Nacht (4 Uhr). Bebaute und vor allem stark verdichtete Gebiete sind noch deutlich erwärmt, Grün-/Freiflächen und das Umland schon deutlich abgekühlt. Ebenso erkennbar sind die Pfeilrichtungen der Kaltluftbewegung von kühleren hin zu wärmeren Flächen und deutlich hervorgehobene Pfeile für Ventilations- und Kaltluftleitbahnen, die für die Durchlüftung der Stadt eine besonders wichtige Rolle spielen. (Quelle: Stadt Leipzig / GEO-NET Umweltconsulting GmbH)

In Phase II wurde mit Hilfe von 19 regionalen Klimamodellen (vgl. S.22; die folgenden Seitenangaben beziehen sich auf den Abschlussbericht von Phase II) die zu erwartende klimatische Entwicklung in Leipzig dargestellt. Hierbei wurden zwei Klimaszenarien ausgewertet: die Einhaltung des 2 Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens (RCP 2.6) und ein realistischeres „weiter wie bisher“-Szenario (RCP 8.5) (vgl. S. 23-28, hier finden Sie auch die Ergebnisse). Zuletzt werden 17 „Maßnahmen für eine klimaangepasste Stadtentwicklung und -planung“ vorgeschlagen (vgl. S. 83), z.B. die Verschattung von Gebäuden, Straßen und (Grün-)Flächen, Dachbegrünung, Entsiegelung und die Begrünung von Gleistrassen (vgl. S. 83-138).

Ein gutes Beispiel für eine klimafreundliche Flächenumnutzung ist das Areal um den Bürgerbahnhof Plagwitz im Westen Leipzigs. Hier wurden weitläufig alte Gleisanlagen renaturiert, Bäume gepflanzt und neue Fuß- und Fahrradwege angelegt.

‚Urbanen Wald‘ Karl-Heine-Holz Karl-Heine-Holz von oben

Abb. 9: Der Eingang zum neu entstandenen ‚Urbanen Wald‘ Karl-Heine-Holz im Süden des Bürgerbahnhofs Plagwitz. Das Areal hat sich weitgehend selbst renaturiert.

Abb. 10: Das Karl-Heine-Holz von oben. Es sind mittig im Gras noch alte Gleisanlagen erkennbar. Ganz rechts außen grenzt aktives Bahngelände an.

Für unsere Projektstädte Halle und Jena gibt es vergleichbare Analysen in Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst. Auch die Stadt Berlin führt bereits seit 1991 in regelmäßigen Abständen SKAs durch (die Aktuelle ist von 2014). Ich kann Ihnen die Lektüre sehr empfehlen. Sie werden die Struktur und Entwicklung Ihrer Stadt danach mit anderen Augen sehen.

Text und Fotos, wenn nicht anders angegeben: Sebastian Schmidt

Bildung ist ein wichtiger Aspekt in unserem Projekt, wobei es uns ein Anliegen ist, Wissen und Interesse für Wissenschaft und Forschung auch an die nächste Generation weiterzugeben. Im Rahmen von Aktionstagen wie SchülerInnen-Uni oder Girl's Day konnten wir uns bereits mit Kindern und Jugendlichen zu Themen wie Phänologie und Klimawandel, Biodiversität und Stadtgrün austauschen.

Über das Interesse an der Anlage eines Klimabeetes in Schulen und Kindergärten haben wir uns schon zu Projektbeginn sehr gefreut. In Jena hat das lokale Projektteam besonders eng mit einer Schule zusammengearbeitet, um die Themen von Pflanze KlimaKultur! in das Klassenzimmer zu bringen. Hier berichtet Luise Schidlo, HiWi in Jena, über ihre Erfahrungen mit dem Schulgartenprojekt der Nordschule.

Heute möchte ich Ihnen ein Herzensprojekt vorstellen, welches seit einiger Zeit in Planung ist und nun endlich umgesetzt werden kann. Es handelt sich um die sogenannte Green-Team-AG, eine Arbeitsgemeinschaft an der Nordschule, welche sich in Anlehnung an die Arbeit von Pflanze KlimaKultur! rund um die Themen pflanzliche Entwicklung und Nachhaltigkeit dreht. Ziel ist es die Grundschüler der dritten und vierten Klassen für ihre Umwelt und die Natur zu begeistern. So hoffen wir ein Bewusstsein dafür schaffen zu können, was es alles Faszinierendes zu entdecken und zu schützen gibt. Das Projekt findet in Zusammenarbeit von Franziska Vogelsang vom Jenaer Forst, Dominic Quaiser als Schulgartenlehrer der Nordschule, Robert Rauschkolb vom Institut für Ökologie der Uni Jena und mir (Luise Schidlo) als Teil von Pflanze KlimaKultur! statt.

Wir haben zunächst zwei Probetermine veranstaltet, um herauszufinden, wie groß das Interesse der Grundschüler*innen an der Arbeitsgemeinschaft ist. Diese wurden zahlreich besucht. Die erste Veranstaltung zum Thema „die Jahresuhr der Pflanzen“ fand im eigenen Schulgarten der Nordschule statt. Ziel war es den Kindern beizubringen, welche Phasen die Pflanzen im Laufe eines Jahres durchleben und wie die sogenannten phänologischen Stadien aussehen können. Als erstes hat Robert eine kleine Einführung gegeben, was die Phänologie der Pflanzen ist und warum es wichtig ist die Entwicklung im jahreszeitlichen Verlauf zu beobachten (s. Foto 1). Anschließend war es Aufgabe der Schüler*innen verschiedene Pflanzenteile zu sammeln und diese phänologischen Stadien zuzuordnen (s. Foto 2). Als dritten Punkt habe ich das Projekt Pflanze KlimaKultur! vorgestellt und die Versuchspflanzen gezeigt (s. Foto 3). Als Abschluss war es den Kindern überlassen selbst einmal in die Rolle eines Ökologen zu schlüpfen und eine kurze phänologische Analyse selbstgewählter Arten durchzuführen (s. Foto 4).

 Foto 1: Robert erklärt "die Jahresuhr der Pflanzen"  Foto 2: Sammeln und Sortieren von verschiedenen Pflanzenstadien 

Foto 3: Ich (Luise) stelle das Projekt "Pflanze KlimaKultur!" und die Modellpflanzen vor

Foto 4: Selbst Ökologe sein: ausgefüllter Bestimmungsbogen

Die zweite Probeveranstaltung war ein Ausflug in den botanischen Garten. Neben der großen Freude über die Rasensprenger drehte sich der Besuch vor allem um das Thema „Nutzpflanzen“. Wir haben gelernt, dass viele verschiedene Pflanzenteile essbar sind. Außerdem haben wir erfahren, dass Kartoffeln früher als Zierpflanzen genutzt wurden, haben das erste Mal gesehen, wie Rosenkohl wirklich wächst und gelernt, dass viele Heilpflanzen in zu hoher Dosis auch giftig sein können (s. Foto 5 und 6).

Rosenkohl Maiglöckchen

Foto 5: Rosenkohl

Foto 6: Maiglöckchen ~ Gift- und Heilpflanze

Da alle Probeveranstaltungen gut besucht waren und wir viel positive Rückmeldung von den Kindern erhalten haben, wurde die Green-Team-AG nun final ins Leben gerufen. Sie findet alle zwei Wochen in der Nordschule statt. 12 Kinder können teilnehmen und viele spannende Veranstaltungen sind geplant. So haben wir bereits die erste Veranstaltung durchgeführt, in welcher wir nach einer kurzen Kennenlernrunde, Baumscheiben bemalt und Blumenzwiebeln gesteckt haben (s. Foto 7, 8 und 9). Im Frühjahr werden wir dann die Entwicklung der selbst gesteckten Tulpen und Hyazinthen beobachten können.

Bemalen der Baumscheiben Blumenzwiebeln Einbuddeln der Blumenzwiebeln

 Foto 7: Bemalen der Baumscheiben

 Foto 8: Blumenzwiebeln stecken

 Foto 9: Einbuddeln der Zwiebeln

Die nächsten Wochen werden wir gärtnern, Bäume im Herbst kennenlernen und bunte Blätter sammeln, bestimmen und mit ihnen basteln. Wir wollen im Labor im Ökologieinstitut ein Keimungsexperiment durchführen, um Dunkel- und Lichtkeimung sowie den Einfluss verschiedener Nährstoffe im Gießwasser zu verdeutlichen. Außerdem werden wir Samenbomben basteln und nach einer kurzen Winterpause im Frühjahr mit der Anzucht verschiedener Pflanzen für den Schulgarten beginnen. Wir freuen uns auf alle Kinder die teilnehmen und auf eine spannende Zeit voller Entdeckungen in der Natur!

Text und Fotos: Luise Schidlo

Bald beginnen in den ersten Bundesländern die Herbstferien und vielleicht haben Sie Interesse, in dieser Zeit zusammen mit Ihren Kindern oder Enkeln ein Insektenhotel zu bauen. Für dieses Thema intessieren sich unsere studentischen Mitarbeiter*innen in Halle ganz besonders. Linda Boockmann informiert hier rund um das Thema und gibt Tipps, auf was man beim Bau achten muss, welche Materialien sich eignen und mit welchen Bewohnern zu rechnen ist. Auf die Größe kommt es übrigens nicht an, auch auf Balkonen kann man kleine Nisthilfen installieren.

Das Thünen Institut hat übrigens einen tollen Ratgeber zur Bestimmungshilfe von Wildbienen und Wespen in Nisthilfen herausgebracht. Hier können Sie nachschlagen, wenn Sie genau wissen wollen, wer bei Ihnen eingezogen ist: https://wildbienen.thuenen.de/fileadmin/nisthilfen/Publikationen/Wildbienen_und_Wespen_in_Nisthilfen_Bestimmungsschl%C3%BCssel.pdf.

Nun kommt aber erstmal Linda zu Wort:

Was sind Insekten Hotels, wie sind sie aufgebaut?
Ob groß oder klein, eckig oder rund, hängend oder stehend, Insektenhotels schmücken mittlerweile viele unserer Gärten. Doch wofür sind sie überhaupt da? Wozu werden sie genutzt? Und worauf ist zu achten bei der Wahl des richtigen Insektenhotels? Diesen spannenden Fragen wollen wir in diesem Post auf den Grund gehen.

Ein summender Hotspot im Garten für Insekten, das Insektenhotel. Insekten haben zahlreiche Brutstrategien und Vorlieben für Nistplätze entwickelt. Einige von ihnen haben sich dabei ganz besonders auf Röhren- und Höhlenförmige Gebilde spezialisiert. Dazu zählen einige Wildbienenarten wie Anthophora plumipes (Frühlingspelzbiene), Osmia bicornis und Osmia cornuta (Rote- und Gehörnte Mauerbiene). Aber auch andere Insekten wie Trypoxylon figulus (Töpfergrabwespe), Marienkäfer, Florfliegen und Ohrwürmer nisten gerne in Pflanzenstängeln oder Löchern in Wänden. Ein Insektenhotel soll genau diese, natürlich vorkommenden, Nistmöglichkeiten nachbilden und den Insekten unter die Arme greifen.

Dabei handelt es sich zumeist um Holzkonstruktionen, in denen zahlreiche Materialen und Strukturen wie zum Beispiel mit Löchern versehene Baumscheiben, Bambus Stängel oder auch Steine verarbeitet sind (Abb.1, Abb. 2). Sie können sich in Größe, Material und Anbringung unterscheiden und je nach Komposition für unterschiedliche in Röhren nistende Insekten attraktiv sein. Einige Beispiele können sie in den Abbildungen sehen.

Insektenhotels Insektenhotel
Abbildung 1: Insektenhotel mit Pflanzenstängeln, Stroh und Holzblöcken bei Kröllwitzbrücke (Halle)
(Tipp: der Kaninchendraht schützt die Insekten vor Vögeln)
Abbildung 2: Insektenhotel im Garten meines Onkels, ebenfalls mit unterschiedlichen Materialien und Nistmöglichkeiten für Insekten

 

Wofür können sie genutzt werden?
Privater gebrauch
Doch nicht nur die Insekten selbst profitieren von den Insektenhotels. Auch diejenigen, die sich für die Anbringung eines solchen Hotels in ihrem Garten oder auf ihrem Balkon entscheiden, können daran viel Freude finden. Jung und Alt können dabei beobachten wie die fleißigen Bienen sich für eine passende Niststelle entscheiden und nach der Eiablage die verschiedenste Nistmaterialien wie Blätter (Abb.3), Pflanzenwolle, Harz oder Lehm zu ihren Niströhren transportieren, um damit den Eingang zu versiegeln bis es für den Nachwuchs an der Zeit ist auszufliegen. Auch Brutparasiten lassen sich an gut besuchten Insektenhotels finden, wobei die meisten ihre eigenen Eier, zu denen der Wildbienen legen, welche nach dem Schlupf dann vom mühsam gesammelten Pollenproviant des eigentlichen Nachwuchses leben.

Blattschneiderbienen
 Abbildung 3: Auf frischer Tat erwischt! Hier waren die Blattschneiderbienen (Megachile) am Werk



Nutzung im Naturschutz
Dabei erfüllen die Insektenhotels aber auch eine wichtige Rolle für den Naturschutz. Durch die starken Eingriffe des Menschen in die Natur mangelt es an geeigneten Nistplätzen, da zum Beispiel verblühte Pflanzen in Wiesen und Gärten entfernt oder abgemäht zu werden. Doch die Stängel dieser Pflanzen werden von den Bienen und anderen Insekten dringend gebraucht. Ähnlich verhält es sich mit Totholz oder maroden Mauerwerken. Egal ob auf dem Land oder in der Stadt, mit der Wahl für ein Insektenhotel oder einer Nisthilfe (siehe Robins Artikel), kann man den lokalen Population helfen sich zu etablieren und zu einer speziesreichen Insekten Fauna beitragen. Zusätzlich unterstützen kann man die bestäubenden Insekten auch mit einem geeigneten Blühangebot (siehe https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/tiere/insekten/20386.html für Inspirationen zu bienenfreundlichen Pflanzen)

Nutzung in der Wissenschaft
Neben dem privaten Gebrauch von Insekten Hotels werden sie aber auch für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt. Mit sogenannten Trap Nests (zu Deutsch: Nest-Fallen) können Fragestellungen zu Biodiversität, Nahrungsketten, Parasitismus und Mortalität untersucht werden. Beispielsweise das Citizen Science Projekt „URWIBIE“ (https://urwibie.wixsite.com/urwibie), initiiert durch die Abteilung der Allgemeinen Zoologie der Uni Halle, setzte Trap Nests (Abb.4) ein, um in den Städten Leipzig und Hamburg Daten zu sammeln und so mehr über höhlennistende Insekten in urbanen Räumen zu erfahren. Aus den Ergebnissen können im Anschluss Maßnahmen konzipiert werden, mit denen sich Städte insektenfreundlicher gestalten lassen.

Trap Nest
 Abbildung 4: Trap Nest des „URWIBIE“ Projektes der Zoologie Uni Halle, bestehend aus einem Stück Plastikrohr und 80-100 Bambusstängeln (ganz einfach zum Nachbasteln)



Was ist unbedingt zu beachten Falls Sie nun Lust haben, selbst ein Insektenhotel in ihrem Garten oder auf ihrem Balkon zu installieren folgen nun noch einige Dinge, die es zu beachten gibt, damit das Hotel auch ein voller Erfolg wird?
Ein wichtiger Aspekt ist die Tiefe der Niströhren. Leider sind viele in Baummärkten erhältliche Insektenhotels ungeeignet, da die Niströhren zu kurz sind (ca. 10cm – 15cm sind empfohlen). Weiterhin sollten die Eingänge der Niströhren glatt geschliffen sein, damit sich die Tiere beim Hereinkommen nicht verletzen. Die Röhren sollten zu dem auch in ihrem Durchmesser variieren, da unterschiedliche Tiere auch verschiedene Vorlieben für die Größe ihrer Niströhre haben. Auch die Positionierung ist von Bedeutung, das Hotel sollte nicht zu sehr im Schatten stehen und außerdem gegen Regen geschützt sein. Weitere Informationen, sowie Bauanleitungen finden Sie auf https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/hautfluegler/bienen/13704.html. Wenn diese Dinge beachtet werden, steht dem eigenen Insektenhotel nichts mehr im Weg!

Einige weitere Impressionen können Sie in folgenden Abbildungen sehen:

Insekthotel im BG Halle Insekten Hotel im BG Jena

 Abbildung 5: Mini-Hotel im botanischen Garten Halle

 Abbildung 6: Insektenhotel im botanischen Garten Jena
 Abbildung 7: Diese junge Biene bereitet sich auf ihren ersten Flug vor

 Abbildung 8: Ich und ein Osmia Männchen, das auf der Suche nach Nahrung (und Weibchen) eine kleine Verschnaufpause auf meinem Finger benötigte


Angst braucht man vor den kleinen Gartenhelfern übrigens nicht zu haben, wenn man respektvoll mit ihnen umgeht, dann können großartige Freundschaften entstehen!

Text und Fotos: Linda Boockmann

Die Gesellschaft für Ökologie für Deutschland, Österreich und die Schweiz (GfÖ) besteht seit 1970 als unabhängige wissenschaftliche Organisation, die ökologische Forschung durch Zusammenarbeit, Austausch und Ausbildung fördert (https://gfoe.org/de/gfoe). Zur 52. Jahrestagung kamen die Mitglieder vom 12. bis 16. September 2023 in Leipzig unter dem Motto „The Future of Biodiversity - overcoming barriers of taxa, realms and scales” zusammen (Die Zukunft der Biodiversität - Grenzen von Taxa, Bereichen und Skalen überwinden). Ausrichter war das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) mit der Arbeitsgruppe von Aletta Bonn. Pflanze KlimaKultur! wurde durch Wayne Schmitt im Rahmen eines Vortrages vertreten. Hier gibt Wayne einen persönlichen Einblick:

Die GfÖ-Tagung war die erste wissenschaftliche Tagung in Europa, an der ich teilgenommen habe. Diese Tagung war eine ganze Woche vollgepackt mit vielen parallelen Sessions. Ich habe mich gefreut, dass ich an so vielen teilnehmen konnte. In diesem Jahr nahmen mehr als 1100 Personen teil, mit über 600 Vorträgen und 300 Postern!

KNeues Augusteum Kaffee Pause

 Ein Großteil der Veranstaltung fand im Neuen Augusteum der Universität Leipzig statt

Im Eingangsbereich konnten Wissenschaftler*innen sich vernetzen und austauschen

Am 11.9. fanden bereits einige Workshops und Exkursionen statt. Man konnte mehr über Citizen Science im Biodiversitätsmonitoring, Insektenerkennung mit künstlicher Intelligenz und Biodiversitäts- und Umweltdatenmanagement erfahren. Einige wollten aber auch raus - es gab nicht nur eine Stadtführung, sondern auch eine geologische Exkursion in die Bergbaufolgelandschaft und einen Besuch der UFZ-Forschungsstation Bad Lauchstädt. Bei so vielen großartigen Möglichkeiten, fiel mir die Entscheidung schwer, aber schließlich entschied ich mich für einen Besuch des Jena Experiments.

Das Jena Experiment ist schon seit 2002 in Betrieb und eines der ältesten Biodiversitätsexperimente der Welt. Mit 10 Hektar möchten Wissenschaftler*innen, unter anderem, verschiedene Artenzusammensetzungen und die langjährige Entwicklung der Biodiversität in Grasländern erforschen. Im Hauptexperiment beobachten sie die morphologischen, phänologischen und physiologischen Merkmale von 60 Arten auf Flächen mit einer Mischung von 1 bis 16 Arten. Neben dem Hauptexperiment gibt es vier Nebenexperimente, die verschiedene Aspekte der Graslandökologie untersuchen oder untersucht haben. Insgesamt arbeiten 12 Arbeitsgruppen und einige assoziierte Projekte mit dem Jena Experiment zusammen. Aufgrund der langen Laufzeit des Jena Experiments gibt es eine Vielzahl von Daten. Das Projekt hat heute fast 30.000 Zitate in wissenschaftlichen Publikationen und einige Daten sind auch öffentlich auf seiner Website verfügbar: https://the-jena-experiment.de/index.php/data/.

Eingang des Jena Experiments

 Eingang zum Jena Experiment mit einem Informationstafel

 Die Versuchsflächen

Erläuterung der untersuchten Artenkategorien: große und kleine krautige Pflanzen, Gräser und Hülsenfrüchte

Unterirdische Wasserprobenahme

Am Dienstag begann die Tagung offiziell mit der Begrüßung durch Prof. Dr. Aletta Bonn, Prof. Dr. Henrique Pereira & Prof. Dr. Nico Eisenhauer (Organisationskomitee), Prof. Dr. Eva Inés Obergfell (Rektorin der Universität Leipzig), Peter Wasem (Leiter des Amtes für Umweltschutz der Stadt Leipzig) und Prof. Dr. Christian Ammer (Präsident der GfÖ).

Eröffnung der Tagung

Eröffnung der Tagung

Nach einer kurzen Kaffeepause ging es dann in die „Open Sessions“, in denen jeweils 8 Vortragende mit jeweils 12 Minuten Vortrag und 3 Minuten Diskussionszeit auftraten. Am ersten Tag ging es viel um Themen, mit denen ich mich in meiner Masterarbeit beschäftigt habe. Meine Masterarbeit war eine Priorisierung der Habitate der Europäischen Sumpfschildkröte im Südwesten Portugals. Die Lebensräume dieser Reptilien wurden leider im Laufe der Jahre durch die Intensivierung der Landwirtschaft und den Ausbau der menschlichen Infrastruktur zerstört. Mit Hilfe von Satellitendaten und einer Vor-Ort-Untersuchung der noch existierenden Teiche untersuchte ich die Konnektivität zwischen ihren Lebensräumen, um herauszufinden, welche am bei der Wiederherstellung priorisiert werden sollten.

Zuerst besuchte ich die Session über Fernerkundung in der Biodiversität. Hier ging es um die Nutzung von LiDAR-, Satelliten- und Drohnendaten für die Biodiversitätsforschung. Dieses Thema interessiert mich nicht nur wegen meiner Masterarbeit, sondern auch weil wir Daten für Landbedeckung auf Basis von Satellitendaten in der Auswertung für Pflanze KlimaKultur! verwenden. Die verschiedenen Experimente in dieser Session haben Flächen von der Mecklenburgischen Seenplatte bis zum Amazonas untersucht.

Eine Forschungsgruppe am Remote Sensing Centre for Earth System Research (RSC4Earth) der Universität Leipzig forscht hier auch mit der Hilfe von Citizen Science. Hier werden Daten von Apps wie iNaturalist und PlantNet genutzt, um Baumarten in Drohnendaten zu erkennen.

Salim Soltani Vortrag über Fernerkundung Vergleiche zwischen CitzenScience- und Drohnendaten

Salim Soltani spricht über die Verwendung von CS-Daten für die Artenbestimmung in der Fernerkundung

Vergleiche zwischen CS- und Drohnendaten

Nach dem Mittagessen kam die erste Keynote Speakerin: Prof. Dr. Lenore Fahrig. Ich bin wieder bei meinem Masterarbeitsthema gelandet - wie man (nicht) Prioritäten für die Erhaltung von Lebensräumen setzt. In vielen Gesetzen wird versucht, das Biodiversitätsmanagement mit Pauschalen zu regeln - z.B. werden Flächen ab einer bestimmten Größe oft gegenüber kleineren Flächen bevorzugt. Prof. Fahrig wies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung kleiner Flächen für die Migration und Bewegung von Arten hin.

Keynote Präsentation von Prof. Fahrig Diskussion nach dem Vortrag über Zoom

Keynote-Präsentation von Prof. Fahrig über die Priorisierung von Lebensräumen

Nach der Präsentation gab es Zeit für eine kurze Diskussion mit Prof. Fahrig

Nach dieser Keynote ging es wieder in die offenen Sessions. Hier konnte ich einen Vortrag von Prof. Dr. Luís Borda de Agua hören. Prof. Borda de Agua hat mir bei meiner Masterarbeit mit Statistik geholfen. In dieser Session hat er seine Forschung über die Beziehung zwischen Artenreichtum und Flächengröße vorgestellt. Um diese Beziehung zu untersuchen, verwendet er Daten der Global Biodiversity Information Facility (GBIF), einem frei zugänglichen Netzwerk zur Biodiversität. Diese Daten werden von Citizen Science Plattformen wie iNaturalist und Pl@ntNet bereichert. 

Vortrag von Prof. Borda de Agua

Vortrag von Prof. Luís Borda de Agua über den Zusammenhang zwischen Flächengröße und Artenreichtum

Mein Vortrag für das Projekt Pflanze KlimaKultur! wurde in der Session zur Phänologie gehalten. Hier wurden Beiträge zu Pflanzen und Tieren von (u.a.) Prof. Dr. Christine Römermann und Dr. Robert Rauschkolb vom Projektteam in Jena moderiert. Diese Session fing mit einer phänologischen Analyse mit Hilfe von Citizen Science Daten an. Hier untersucht Dr. Yves Klinger die Phänologie invasiver Arten in Europa anhand von GBIF-Daten. So kann auf einer Karte schön dargestellt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Stauden-Lupine an einem bestimmten Tag blüht. Mehr zu diesem Thema finden Sie auf Englisch in dieser wissenschaftlichen Veröffentlichung

Vortrag von Yves Klinger Ergebnisse in Form von Karten der Blühwahrscheinlichkeit

Vortrag von Dr. Yves Klinger über die Auswertung von CS-Daten zur Phänologie invasiver Arten

Seine Ergebnisse: Karten mit Blühwahrscheinlichkeit an einem bestimmten Tag

Dann war ich an der Reihe. Ich habe unser Projekt einem neuen Publikum vorgestellt und erste phänologische Ergebnisse präsentiert. Hier haben wir zum Beispiel gesehen, dass der Blühbeginn der Klimabeete im Jahr 2022 nicht nur mit der Temperatur zusammenhängt, sondern auch mit Grünflächen im Umkreis von 500 m - natürlich unter Vorbehalt, da nicht alle Arten berücksichtigt werden konnten, weil nicht alle geblüht haben. Mit dem ersten Austrieb im Jahr 2023 konnte man einen Zusammenhang mit der Temperatur sehen, aber keinen mit der Grünfläche. Mit einem Modell könnten wir sehen, dass die Lufttemperatur und die Stadt einen signifikanten Einfluss auf den ersten Austrieb haben, aber nicht die Interaktion zwischen diesen beiden Variablen. Das bedeutet, dass die Temperatur in allen vier Städten einen ähnlichen Einfluss auf die Phänologie hatte. Hier haben wir eine Perspektive für unsere Forschung aufgezeigt, nämlich zu sehen, ob die Grünfläche vielleicht einen saisonalen Einfluss auf die verschiedenen Stadien hat - wird die Grünfläche im Winter einen geringeren Einfluss haben? Dazu werden wir weitere Stadien auswerten. Natürlich haben wir an dieser Stelle auch die Wichtigkeit von Citizen Science betont, dass wir auch einen nachhaltigen Eindruck bei unseren Bürgerwissenschaftler*innen hinterlassen wollen und dafür die Daten der Bürger*innendialoge auswerten, um zu sehen, welche Veränderungen sich unsere Bürger*innen für eine biologisch vielfältigere Stadt wünschen.

Vortrag für Pflanze KlimaKultur! Graphik der Ergebnisse für Blühbeginn 2022 und Erster Trieb 2023

 Mein Vortrag für Pflanze KlimaKultur!
Foto: Hannah Prawitz

Zusammenhänge zwischen Phänologie, Temperatur und Grünflächen
Foto: Hannah Prawitz

Darüber hinaus gab es 14 weitere Vorträge zur Phänologie von Pflanzen und Tieren. Einer davon war ein Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb über die Anwendung von Wachstumsgradtagen, die in der Landwirtschaft für viele Kulturpflanzen wichtig sind, aber auch für krautige Pflanzen nützlich sein können, und welche Parameter für die Berechnung dieser Wachstumsgradtage relevant sind.

Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb

Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb über die Verwendung von Wachstumsgradtagen in der phänologischen Forschung an krautigen Pflanzen

Leider gab es viele Sessions, die ich nicht sehen konnte, da einige parallel liefen. Dr. Martin Freiberg aus dem Leipzig Team und Hannah Prawitz aus dem iDiv Team haben Vorträge gehalten. Dr. Sabrina Träger aus dem Halle Team hat auch ein Poster präsentiert. Aletta Bonn aus dem iDiv Team war nicht nur Mitglied des Organisationskomitees, sondern leitete auch Sessions und hielt einen Workshop zu Citizen Science und ein Symposium zu Biodiversitätsmonitoring in Europa.

Die Tagung war für mich eine großartige Erfahrung, um mich mit anderen Wissenschaftler*innen auszutauschen und unser Projekt vorzustellen. Ich habe viel gelernt, was uns vielleicht auch bei der weiteren Auswertung unserer Daten helfen kann, um neue Ergebnisse präsentieren zu können.

Fotos, wenn nicht anders angegeben: Wayne Schmitt

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BMBF 252x200
Das Projekt hat eine Laufzeit von Juli 2021 bis Februar 2024 (verlängert bis Dezember 2024) und wird im Rahmen des Förderbereichs Bürgerforschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es gehört zu 15 Projekten, die bis Ende 2024 die Zusammenarbeit von Bürger*innen und Wissenschaftler*innen inhaltlich und methodisch voranbringen und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben sollen.
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