Bald beginnen in den ersten Bundesländern die Herbstferien und vielleicht haben Sie Interesse, in dieser Zeit zusammen mit Ihren Kindern oder Enkeln ein Insektenhotel zu bauen. Für dieses Thema intessieren sich unsere studentischen Mitarbeiter*innen in Halle ganz besonders. Linda Boockmann informiert hier rund um das Thema und gibt Tipps, auf was man beim Bau achten muss, welche Materialien sich eignen und mit welchen Bewohnern zu rechnen ist. Auf die Größe kommt es übrigens nicht an, auch auf Balkonen kann man kleine Nisthilfen installieren.

Das Thünen Institut hat übrigens einen tollen Ratgeber zur Bestimmungshilfe von Wildbienen und Wespen in Nisthilfen herausgebracht. Hier können Sie nachschlagen, wenn Sie genau wissen wollen, wer bei Ihnen eingezogen ist: https://wildbienen.thuenen.de/fileadmin/nisthilfen/Publikationen/Wildbienen_und_Wespen_in_Nisthilfen_Bestimmungsschl%C3%BCssel.pdf.

Nun kommt aber erstmal Linda zu Wort:

Was sind Insekten Hotels, wie sind sie aufgebaut?
Ob groß oder klein, eckig oder rund, hängend oder stehend, Insektenhotels schmücken mittlerweile viele unserer Gärten. Doch wofür sind sie überhaupt da? Wozu werden sie genutzt? Und worauf ist zu achten bei der Wahl des richtigen Insektenhotels? Diesen spannenden Fragen wollen wir in diesem Post auf den Grund gehen.

Ein summender Hotspot im Garten für Insekten, das Insektenhotel. Insekten haben zahlreiche Brutstrategien und Vorlieben für Nistplätze entwickelt. Einige von ihnen haben sich dabei ganz besonders auf Röhren- und Höhlenförmige Gebilde spezialisiert. Dazu zählen einige Wildbienenarten wie Anthophora plumipes (Frühlingspelzbiene), Osmia bicornis und Osmia cornuta (Rote- und Gehörnte Mauerbiene). Aber auch andere Insekten wie Trypoxylon figulus (Töpfergrabwespe), Marienkäfer, Florfliegen und Ohrwürmer nisten gerne in Pflanzenstängeln oder Löchern in Wänden. Ein Insektenhotel soll genau diese, natürlich vorkommenden, Nistmöglichkeiten nachbilden und den Insekten unter die Arme greifen.

Dabei handelt es sich zumeist um Holzkonstruktionen, in denen zahlreiche Materialen und Strukturen wie zum Beispiel mit Löchern versehene Baumscheiben, Bambus Stängel oder auch Steine verarbeitet sind (Abb.1, Abb. 2). Sie können sich in Größe, Material und Anbringung unterscheiden und je nach Komposition für unterschiedliche in Röhren nistende Insekten attraktiv sein. Einige Beispiele können sie in den Abbildungen sehen.

Insektenhotels Insektenhotel
Abbildung 1: Insektenhotel mit Pflanzenstängeln, Stroh und Holzblöcken bei Kröllwitzbrücke (Halle)
(Tipp: der Kaninchendraht schützt die Insekten vor Vögeln)
Abbildung 2: Insektenhotel im Garten meines Onkels, ebenfalls mit unterschiedlichen Materialien und Nistmöglichkeiten für Insekten

 

Wofür können sie genutzt werden?
Privater gebrauch
Doch nicht nur die Insekten selbst profitieren von den Insektenhotels. Auch diejenigen, die sich für die Anbringung eines solchen Hotels in ihrem Garten oder auf ihrem Balkon entscheiden, können daran viel Freude finden. Jung und Alt können dabei beobachten wie die fleißigen Bienen sich für eine passende Niststelle entscheiden und nach der Eiablage die verschiedenste Nistmaterialien wie Blätter (Abb.3), Pflanzenwolle, Harz oder Lehm zu ihren Niströhren transportieren, um damit den Eingang zu versiegeln bis es für den Nachwuchs an der Zeit ist auszufliegen. Auch Brutparasiten lassen sich an gut besuchten Insektenhotels finden, wobei die meisten ihre eigenen Eier, zu denen der Wildbienen legen, welche nach dem Schlupf dann vom mühsam gesammelten Pollenproviant des eigentlichen Nachwuchses leben.

Blattschneiderbienen
 Abbildung 3: Auf frischer Tat erwischt! Hier waren die Blattschneiderbienen (Megachile) am Werk



Nutzung im Naturschutz
Dabei erfüllen die Insektenhotels aber auch eine wichtige Rolle für den Naturschutz. Durch die starken Eingriffe des Menschen in die Natur mangelt es an geeigneten Nistplätzen, da zum Beispiel verblühte Pflanzen in Wiesen und Gärten entfernt oder abgemäht zu werden. Doch die Stängel dieser Pflanzen werden von den Bienen und anderen Insekten dringend gebraucht. Ähnlich verhält es sich mit Totholz oder maroden Mauerwerken. Egal ob auf dem Land oder in der Stadt, mit der Wahl für ein Insektenhotel oder einer Nisthilfe (siehe Robins Artikel), kann man den lokalen Population helfen sich zu etablieren und zu einer speziesreichen Insekten Fauna beitragen. Zusätzlich unterstützen kann man die bestäubenden Insekten auch mit einem geeigneten Blühangebot (siehe https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/tiere/insekten/20386.html für Inspirationen zu bienenfreundlichen Pflanzen)

Nutzung in der Wissenschaft
Neben dem privaten Gebrauch von Insekten Hotels werden sie aber auch für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt. Mit sogenannten Trap Nests (zu Deutsch: Nest-Fallen) können Fragestellungen zu Biodiversität, Nahrungsketten, Parasitismus und Mortalität untersucht werden. Beispielsweise das Citizen Science Projekt „URWIBIE“ (https://urwibie.wixsite.com/urwibie), initiiert durch die Abteilung der Allgemeinen Zoologie der Uni Halle, setzte Trap Nests (Abb.4) ein, um in den Städten Leipzig und Hamburg Daten zu sammeln und so mehr über höhlennistende Insekten in urbanen Räumen zu erfahren. Aus den Ergebnissen können im Anschluss Maßnahmen konzipiert werden, mit denen sich Städte insektenfreundlicher gestalten lassen.

Trap Nest
 Abbildung 4: Trap Nest des „URWIBIE“ Projektes der Zoologie Uni Halle, bestehend aus einem Stück Plastikrohr und 80-100 Bambusstängeln (ganz einfach zum Nachbasteln)



Was ist unbedingt zu beachten Falls Sie nun Lust haben, selbst ein Insektenhotel in ihrem Garten oder auf ihrem Balkon zu installieren folgen nun noch einige Dinge, die es zu beachten gibt, damit das Hotel auch ein voller Erfolg wird?
Ein wichtiger Aspekt ist die Tiefe der Niströhren. Leider sind viele in Baummärkten erhältliche Insektenhotels ungeeignet, da die Niströhren zu kurz sind (ca. 10cm – 15cm sind empfohlen). Weiterhin sollten die Eingänge der Niströhren glatt geschliffen sein, damit sich die Tiere beim Hereinkommen nicht verletzen. Die Röhren sollten zu dem auch in ihrem Durchmesser variieren, da unterschiedliche Tiere auch verschiedene Vorlieben für die Größe ihrer Niströhre haben. Auch die Positionierung ist von Bedeutung, das Hotel sollte nicht zu sehr im Schatten stehen und außerdem gegen Regen geschützt sein. Weitere Informationen, sowie Bauanleitungen finden Sie auf https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/hautfluegler/bienen/13704.html. Wenn diese Dinge beachtet werden, steht dem eigenen Insektenhotel nichts mehr im Weg!

Einige weitere Impressionen können Sie in folgenden Abbildungen sehen:

Insekthotel im BG Halle Insekten Hotel im BG Jena

 Abbildung 5: Mini-Hotel im botanischen Garten Halle

 Abbildung 6: Insektenhotel im botanischen Garten Jena
 Abbildung 7: Diese junge Biene bereitet sich auf ihren ersten Flug vor

 Abbildung 8: Ich und ein Osmia Männchen, das auf der Suche nach Nahrung (und Weibchen) eine kleine Verschnaufpause auf meinem Finger benötigte


Angst braucht man vor den kleinen Gartenhelfern übrigens nicht zu haben, wenn man respektvoll mit ihnen umgeht, dann können großartige Freundschaften entstehen!

Text und Fotos: Linda Boockmann

Die Gesellschaft für Ökologie für Deutschland, Österreich und die Schweiz (GfÖ) besteht seit 1970 als unabhängige wissenschaftliche Organisation, die ökologische Forschung durch Zusammenarbeit, Austausch und Ausbildung fördert (https://gfoe.org/de/gfoe). Zur 52. Jahrestagung kamen die Mitglieder vom 12. bis 16. September 2023 in Leipzig unter dem Motto „The Future of Biodiversity - overcoming barriers of taxa, realms and scales” zusammen (Die Zukunft der Biodiversität - Grenzen von Taxa, Bereichen und Skalen überwinden). Ausrichter war das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) mit der Arbeitsgruppe von Aletta Bonn. Pflanze KlimaKultur! wurde durch Wayne Schmitt im Rahmen eines Vortrages vertreten. Hier gibt Wayne einen persönlichen Einblick:

Die GfÖ-Tagung war die erste wissenschaftliche Tagung in Europa, an der ich teilgenommen habe. Diese Tagung war eine ganze Woche vollgepackt mit vielen parallelen Sessions. Ich habe mich gefreut, dass ich an so vielen teilnehmen konnte. In diesem Jahr nahmen mehr als 1100 Personen teil, mit über 600 Vorträgen und 300 Postern!

KNeues Augusteum Kaffee Pause

 Ein Großteil der Veranstaltung fand im Neuen Augusteum der Universität Leipzig statt

Im Eingangsbereich konnten Wissenschaftler*innen sich vernetzen und austauschen

Am 11.9. fanden bereits einige Workshops und Exkursionen statt. Man konnte mehr über Citizen Science im Biodiversitätsmonitoring, Insektenerkennung mit künstlicher Intelligenz und Biodiversitäts- und Umweltdatenmanagement erfahren. Einige wollten aber auch raus - es gab nicht nur eine Stadtführung, sondern auch eine geologische Exkursion in die Bergbaufolgelandschaft und einen Besuch der UFZ-Forschungsstation Bad Lauchstädt. Bei so vielen großartigen Möglichkeiten, fiel mir die Entscheidung schwer, aber schließlich entschied ich mich für einen Besuch des Jena Experiments.

Das Jena Experiment ist schon seit 2002 in Betrieb und eines der ältesten Biodiversitätsexperimente der Welt. Mit 10 Hektar möchten Wissenschaftler*innen, unter anderem, verschiedene Artenzusammensetzungen und die langjährige Entwicklung der Biodiversität in Grasländern erforschen. Im Hauptexperiment beobachten sie die morphologischen, phänologischen und physiologischen Merkmale von 60 Arten auf Flächen mit einer Mischung von 1 bis 16 Arten. Neben dem Hauptexperiment gibt es vier Nebenexperimente, die verschiedene Aspekte der Graslandökologie untersuchen oder untersucht haben. Insgesamt arbeiten 12 Arbeitsgruppen und einige assoziierte Projekte mit dem Jena Experiment zusammen. Aufgrund der langen Laufzeit des Jena Experiments gibt es eine Vielzahl von Daten. Das Projekt hat heute fast 30.000 Zitate in wissenschaftlichen Publikationen und einige Daten sind auch öffentlich auf seiner Website verfügbar: https://the-jena-experiment.de/index.php/data/.

Eingang des Jena Experiments

 Eingang zum Jena Experiment mit einem Informationstafel

 Die Versuchsflächen

Erläuterung der untersuchten Artenkategorien: große und kleine krautige Pflanzen, Gräser und Hülsenfrüchte

Unterirdische Wasserprobenahme

Am Dienstag begann die Tagung offiziell mit der Begrüßung durch Prof. Dr. Aletta Bonn, Prof. Dr. Henrique Pereira & Prof. Dr. Nico Eisenhauer (Organisationskomitee), Prof. Dr. Eva Inés Obergfell (Rektorin der Universität Leipzig), Peter Wasem (Leiter des Amtes für Umweltschutz der Stadt Leipzig) und Prof. Dr. Christian Ammer (Präsident der GfÖ).

Eröffnung der Tagung

Eröffnung der Tagung

Nach einer kurzen Kaffeepause ging es dann in die „Open Sessions“, in denen jeweils 8 Vortragende mit jeweils 12 Minuten Vortrag und 3 Minuten Diskussionszeit auftraten. Am ersten Tag ging es viel um Themen, mit denen ich mich in meiner Masterarbeit beschäftigt habe. Meine Masterarbeit war eine Priorisierung der Habitate der Europäischen Sumpfschildkröte im Südwesten Portugals. Die Lebensräume dieser Reptilien wurden leider im Laufe der Jahre durch die Intensivierung der Landwirtschaft und den Ausbau der menschlichen Infrastruktur zerstört. Mit Hilfe von Satellitendaten und einer Vor-Ort-Untersuchung der noch existierenden Teiche untersuchte ich die Konnektivität zwischen ihren Lebensräumen, um herauszufinden, welche am bei der Wiederherstellung priorisiert werden sollten.

Zuerst besuchte ich die Session über Fernerkundung in der Biodiversität. Hier ging es um die Nutzung von LiDAR-, Satelliten- und Drohnendaten für die Biodiversitätsforschung. Dieses Thema interessiert mich nicht nur wegen meiner Masterarbeit, sondern auch weil wir Daten für Landbedeckung auf Basis von Satellitendaten in der Auswertung für Pflanze KlimaKultur! verwenden. Die verschiedenen Experimente in dieser Session haben Flächen von der Mecklenburgischen Seenplatte bis zum Amazonas untersucht.

Eine Forschungsgruppe am Remote Sensing Centre for Earth System Research (RSC4Earth) der Universität Leipzig forscht hier auch mit der Hilfe von Citizen Science. Hier werden Daten von Apps wie iNaturalist und PlantNet genutzt, um Baumarten in Drohnendaten zu erkennen.

Salim Soltani Vortrag über Fernerkundung Vergleiche zwischen CitzenScience- und Drohnendaten

Salim Soltani spricht über die Verwendung von CS-Daten für die Artenbestimmung in der Fernerkundung

Vergleiche zwischen CS- und Drohnendaten

Nach dem Mittagessen kam die erste Keynote Speakerin: Prof. Dr. Lenore Fahrig. Ich bin wieder bei meinem Masterarbeitsthema gelandet - wie man (nicht) Prioritäten für die Erhaltung von Lebensräumen setzt. In vielen Gesetzen wird versucht, das Biodiversitätsmanagement mit Pauschalen zu regeln - z.B. werden Flächen ab einer bestimmten Größe oft gegenüber kleineren Flächen bevorzugt. Prof. Fahrig wies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung kleiner Flächen für die Migration und Bewegung von Arten hin.

Keynote Präsentation von Prof. Fahrig Diskussion nach dem Vortrag über Zoom

Keynote-Präsentation von Prof. Fahrig über die Priorisierung von Lebensräumen

Nach der Präsentation gab es Zeit für eine kurze Diskussion mit Prof. Fahrig

Nach dieser Keynote ging es wieder in die offenen Sessions. Hier konnte ich einen Vortrag von Prof. Dr. Luís Borda de Agua hören. Prof. Borda de Agua hat mir bei meiner Masterarbeit mit Statistik geholfen. In dieser Session hat er seine Forschung über die Beziehung zwischen Artenreichtum und Flächengröße vorgestellt. Um diese Beziehung zu untersuchen, verwendet er Daten der Global Biodiversity Information Facility (GBIF), einem frei zugänglichen Netzwerk zur Biodiversität. Diese Daten werden von Citizen Science Plattformen wie iNaturalist und Pl@ntNet bereichert. 

Vortrag von Prof. Borda de Agua

Vortrag von Prof. Luís Borda de Agua über den Zusammenhang zwischen Flächengröße und Artenreichtum

Mein Vortrag für das Projekt Pflanze KlimaKultur! wurde in der Session zur Phänologie gehalten. Hier wurden Beiträge zu Pflanzen und Tieren von (u.a.) Prof. Dr. Christine Römermann und Dr. Robert Rauschkolb vom Projektteam in Jena moderiert. Diese Session fing mit einer phänologischen Analyse mit Hilfe von Citizen Science Daten an. Hier untersucht Dr. Yves Klinger die Phänologie invasiver Arten in Europa anhand von GBIF-Daten. So kann auf einer Karte schön dargestellt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Stauden-Lupine an einem bestimmten Tag blüht. Mehr zu diesem Thema finden Sie auf Englisch in dieser wissenschaftlichen Veröffentlichung

Vortrag von Yves Klinger Ergebnisse in Form von Karten der Blühwahrscheinlichkeit

Vortrag von Dr. Yves Klinger über die Auswertung von CS-Daten zur Phänologie invasiver Arten

Seine Ergebnisse: Karten mit Blühwahrscheinlichkeit an einem bestimmten Tag

Dann war ich an der Reihe. Ich habe unser Projekt einem neuen Publikum vorgestellt und erste phänologische Ergebnisse präsentiert. Hier haben wir zum Beispiel gesehen, dass der Blühbeginn der Klimabeete im Jahr 2022 nicht nur mit der Temperatur zusammenhängt, sondern auch mit Grünflächen im Umkreis von 500 m - natürlich unter Vorbehalt, da nicht alle Arten berücksichtigt werden konnten, weil nicht alle geblüht haben. Mit dem ersten Austrieb im Jahr 2023 konnte man einen Zusammenhang mit der Temperatur sehen, aber keinen mit der Grünfläche. Mit einem Modell könnten wir sehen, dass die Lufttemperatur und die Stadt einen signifikanten Einfluss auf den ersten Austrieb haben, aber nicht die Interaktion zwischen diesen beiden Variablen. Das bedeutet, dass die Temperatur in allen vier Städten einen ähnlichen Einfluss auf die Phänologie hatte. Hier haben wir eine Perspektive für unsere Forschung aufgezeigt, nämlich zu sehen, ob die Grünfläche vielleicht einen saisonalen Einfluss auf die verschiedenen Stadien hat - wird die Grünfläche im Winter einen geringeren Einfluss haben? Dazu werden wir weitere Stadien auswerten. Natürlich haben wir an dieser Stelle auch die Wichtigkeit von Citizen Science betont, dass wir auch einen nachhaltigen Eindruck bei unseren Bürgerwissenschaftler*innen hinterlassen wollen und dafür die Daten der Bürger*innendialoge auswerten, um zu sehen, welche Veränderungen sich unsere Bürger*innen für eine biologisch vielfältigere Stadt wünschen.

Vortrag für Pflanze KlimaKultur! Graphik der Ergebnisse für Blühbeginn 2022 und Erster Trieb 2023

 Mein Vortrag für Pflanze KlimaKultur!
Foto: Hannah Prawitz

Zusammenhänge zwischen Phänologie, Temperatur und Grünflächen
Foto: Hannah Prawitz

Darüber hinaus gab es 14 weitere Vorträge zur Phänologie von Pflanzen und Tieren. Einer davon war ein Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb über die Anwendung von Wachstumsgradtagen, die in der Landwirtschaft für viele Kulturpflanzen wichtig sind, aber auch für krautige Pflanzen nützlich sein können, und welche Parameter für die Berechnung dieser Wachstumsgradtage relevant sind.

Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb

Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb über die Verwendung von Wachstumsgradtagen in der phänologischen Forschung an krautigen Pflanzen

Leider gab es viele Sessions, die ich nicht sehen konnte, da einige parallel liefen. Dr. Martin Freiberg aus dem Leipzig Team und Hannah Prawitz aus dem iDiv Team haben Vorträge gehalten. Dr. Sabrina Träger aus dem Halle Team hat auch ein Poster präsentiert. Aletta Bonn aus dem iDiv Team war nicht nur Mitglied des Organisationskomitees, sondern leitete auch Sessions und hielt einen Workshop zu Citizen Science und ein Symposium zu Biodiversitätsmonitoring in Europa.

Die Tagung war für mich eine großartige Erfahrung, um mich mit anderen Wissenschaftler*innen auszutauschen und unser Projekt vorzustellen. Ich habe viel gelernt, was uns vielleicht auch bei der weiteren Auswertung unserer Daten helfen kann, um neue Ergebnisse präsentieren zu können.

Fotos, wenn nicht anders angegeben: Wayne Schmitt

Viele verstehen den Unterschied zwischen heimischen und nicht heimischen Pflanzen, aber das Konzept von gebietsheimischen Arten ist für einige Gärtner*innen noch unbekannt. Hier handelt es sich um einheimische Pflanzen, die sich über viele Generationen in einer bestimmten Region fortgepflanzt und gebietseigene genetische Anpassungen entwickelt haben und besonders gut an die örtlichen Bedingungen angepasst sind.   

Um diese gebietsheimische Vielfalt zu unterstützen und zu erhalten, sammelt man regionales Pflanz- und Saatgut von Wildpflanzen, welches man auch für den Garten erwerben kann. Kürzlich haben wir eine Probe einer regionalen Saatgutmischung aus der Region um Halle und Leipzig erhalten, die wir bei Veranstaltungen an unsere Klimabeetler*innen verteilen möchten. Bei dieser Gelegenheit werden wir die Bedeutung von Regiosaatgut beleuchten und die Verwendung von unseren Saatgutmischungen erläutern (inkl. Hinweise zur Anlage/Pflege) . Unser studentischer Mitarbeiter Tim Kortekamp hat für Sie einen Beitrag vorbereitet, der einen Einblick in das Thema geben wird.

Im Frühling haben bestimmt einige von Ihnen auf Saatgutmischungen zurückgegriffen, um Ihre Gärten oder den Balkon etwas aufzuhübschen und unseren Bestäubern Nahrung zu bieten. Haben Sie darauf geachtet, dass in der verwendeten Blühmischung nur heimische Arten enthalten sind? Oft sind in den Mischungen, welche im Supermarkt oder im Gartencenter zu kaufen sind, Samen von gebietsfremden Arten, züchterisch bearbeitete Sorten anstatt Wildarten oder gar invasive Spezies enthalten.

Stauden-Lupine

Lupinus polyphyllus

Kanadische Goldrute

Solidago canadensis

Riesen-Bärenklau

Heracleum mantegazzianum

von Dietmar Rabich, genutzt unter CC BY-SA 4.0

Drüsiges Springkraut

Impatiens glandulifera

 

Stauden-Lupine (Lupinus polyphyllus) und Kanadische Goldrute (Solidago canadensis) aus Nordamerika, Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) aus dem Kaukasus oder Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera) aus Asien kennen Sie vermutlich alle. Bei diesen Arten handelt es sich jedoch um invaive Arten in Deutschland und der EU. Zwar können diese Pflanzen auch unseren heimischen Bestäubern ein reiches Nahrungsangebot bieten, tun dies jedoch meist nur für einen kurzen Zeitraum oder nur für wenig spezialisierte Bestäuberarten. Viele Arten wie oligolektische (auf wenige bis einzelne Nahrungsquellen spezialisiert) Wildbienen können von diesem Nahrungsangebot überhaupt nicht profitieren. Eine solche Wildbiene ist z.B. die Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adunca) welche sich ausschließlich von der Gattung Echium (Natternköpfe) ernährt.

Invasive, durch den Menschen in ein Gebiet neu eingeführte Arten finden z.B. hier in Deutschland Standorte vor, welche besonders gut mit ihren Ansprüchen übereinstimmen. So können diese durch ihre Wuchskraft, ihre schnelle Verbreitung oder durch das Fehlen von natürlichen Fressfeinden heimische Arten im Überleben und in deren Ausbreitung hindern. Man spricht von invasiven Arten, wenn diese die Fähigkeit besitzen, heimische Arten zurückzudrängen und ggf. an bestimmten Standorten zu ersetzen. Eine vollständige Liste von EU-weit bedeutenden invasiven Arten mit Abbildungen finden Sie hier: https://www.bfn.de/sites/default/files/BfN/service/Dokumente/skripten/skript574.pdf. Und eine Liste mit weiteren für Deutschland bedeutenden Arten hier: https://www.bfn.de/sites/default/files/BfN/service/Dokumente/skripten/skript352.pdf.

Die Ausbreitung solcher Arten kann ganz zufällig geschehen, indem der Samen durch Tiere an andere Orte verschleppt wird oder durch Wind und Wasser aus dem heimischen Garten „ausbricht“. Die Gefahr der Verfälschung der Flora geht nicht nur von invasiven Arten aus, sondern kann auch bei der Verwendung heimischer Arten passieren, etwa über das zufällige Einkreuzen von Zuchtsorten. Züchtungsziele sind bei Blühpflanzen häufig ein einheitliches Erscheinungsbild und ein gleichmäßiger Wuchs, was im Züchtungsprozess durch Inzucht/Selbstbestäubung erreicht werden kann. Dadurch geht die Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umweltbedingungen verloren. Auch für Bestäuber können Zuchtsorten mit gefüllten Blüten Nachteile bedeuten. Sie mögen für uns schön anzuschauen sein, jedoch sind die Blüten häufig steril und bieten keinen Pollen oder Nektar als Nahrung für Bestäuber.

Dahlia

 Links: Eine gefüllte Dahlie der Sorte 'Orange Nugget'

Rechts: Die ungefüllte Sorte 'Schloß Reinbeck'
Bei der gefüllten Sorte sind die reproduktiven Organe in sterile Kronblätter umgewandelt, weshalb kein Pollen produziert wird.

Fotos: Tim Kortekamp

Weniger auffällig, da im Habitus nicht unbedingt erkennbar, aber dennoch bedeutend, kann der Verlust genetischer Vielfalt in Wildpopulationen durch das Einkreuzen von Pflanzenlinien gebietsfremder Herkünfte in lokale Wildpopulationen sein. Durch die lange Anpassungszeit über viele Generationen konnten sich lokale Ökotypen bilden, welche sich perfekt an die jeweiligen vorherrschenden Standortbedingungen, wie das Klima oder Bodenverhältnisse, angepasst haben. Dabei können dieselben Arten von Standort zu Standort in ihren morphologischen und phänologischen Merkmalen voneinander abweichen, z.B. in ihrer Blattform bzw. -größe oder dem Austriebs- und Seneszenzverhalten. So können schon kleine Unterschiede im Austriebszeitpunkt zwischen zwei Populationen über das Erfrieren oder Überleben bei Spätfrösten entscheiden.

Wie aber kann ich sichergehen heimisches Saat- und Pflanzgut zu verwenden?

Der Schlüssel liegt im sogenannten „gebietsheimischen Saatgut“, auch Regiosaatgut genannt. Dieses Saatgut wird von heimischen Wildpflanzen aus regionalen bzw. lokalen Beständen gesammelt und dann von spezialisierten Produzenten angebaut und vermehrt. Nach maximal fünf Generationen wird neu gesammelt und der Produktionsbestand erneuert. Genaueres zur Produktion von Regiosaatgut finden Sie hier: https://www.natur-im-vww.de/wildpflanzen/vww-regiosaaten/produktion/.

Für Gräser und Kräuter wurde eine Einteilung Deutschlands in 22 Regionen vorgenommen, in welchen Saat- und Pflanzgut nach den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes hergestellt wird und ausgebracht werden darf. Für Gehölze gilt eine Einteilung in sechs Regionen.

 
Skowronek, S., Eberts, C., Blanke, P., & Metzing, D. (2023). Leitfaden zur Verwendung von gebietseigenem Saat- und Pflanzgut krautiger Arten in der freien Natur Deutschlands (647. Aufl.). DE: Bundesamt für Naturschutz. https://doi.org/10.19217/skr647 genutzt unter CC BY-ND 4.0

 

Um sicherzugehen, dass Ihr gewähltes Saatgut tatsächlich den Anforderungen entspricht, können Sie sich auf die Zertifizierungen durch den VWW (Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V.) oder das sogenannte „RegioZert“ (Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V.) verlassen. Die Zertifikate für Regiosaaten, Regiogehölze und Regiostauden weisen eine gesicherte Herkunft und Qualität aus. Näheres zu den Zertifikaten und zu Bezugsquellen für zertifiziertes Saat- und Pflanzgut finden Sie hier: https://www.natur-im-vww.de/regelwerke-vww-zertifikate-2 und hier: https://www.bdp-online.de/de/Branche/Saatguthandel/RegioZert/RegioZert__-_wie_erkenne_ich_das_/.

Der Einsatz entsprechenden Saatguts kann auch in Ihrem Privatgarten ein Beitrag dazu leisten die heimische biologische Vielfalt zu erhalten.

Seit 2020 ist der Einsatz von gebietsheimischem Saatgut in der freien Landschaft sogar gesetzlich verpflichtend und das Ausbringen oder Anpflanzen anderer Arten benötigt einer Genehmigung. In der freien Landschaft bedeutet, z.B. an Straßenrändern, in naturbelassenen Bereichen von Siedlungsräumen, bei der Renaturierung von Tagebauen oder auf Ausgleichsflächen für Naturschutzprojekte. Auch Blühstreifen an Wegrainen landwirtschaftlicher Flächen gehören dazu. Solche, die direkt auf Ackerflächen angelegt werden jedoch nicht. Das regelt § 40 des Bundesnaturschutzgesetzes. Genaueres dazu finden sie beim BMUV: https://www.bmuv.de/themen/naturschutz-artenvielfalt/artenschutz/nationaler-artenschutz/foerderung-von-gehoelzen-und-saatgut-gebietseigener-herkunft.

Freundlicherweise wurde uns durch Sandra Dullau von der Hochschule Anhalt eine VWW-zertifizierte Blühwiesenmischung bereitgestellt, welche wir gerne bei kommenden Veranstaltungen an unsere Teilnehmenden ausgeben möchten. Frau Dullau ist Wissenschaftlerin mit Forschungsschwerpunkten zum Naturschutz, Grünflächen und für Renaturierung, sowie selbst auch Teilnehmerin im Projekt Pflanze KlimaKultur!.

Es handelt sich dabei um eine Wildpflanzenmischung für eine urbane Blühwiese mit 38 Arten. Die Blühmischung stammt aus dem Gebiet um unsere Projektstädte Leipzig und Halle. Achten Sie in Berlin und Jena daher besonders darauf, das bereitgestellte Saatgut nur im Privatgarten einzusetzen. Der optimale Saatzeitpunkt ist im September. Die genaue Zusammensetzung können sie unter folgendem Link als PDF herunterladen: https://www.mdr.de/mdr-garten/pflanzen/saatgut-mischung-wildkraeuter-100.html.

Dazu stellen wir Ihnen ein Infoblatt zur Anlage einer Blühwiese zur Verfügung. In diesem finden Sie Hinweise zur Saatbettbereitung und weitere Pflegehinweise.

Berücksichtigen Sie bitte bei der Aussaat, dass die Blühmischung nur für Ihre Privatgärten gedacht ist und jegliches Ausbringen in der freien Landschaft einer Genehmigung bedarf!

Scharfgarbe

Achillea millefolium

Gelbe Skabiose

Scabiosa ochroleuca

Primula veris AZ 230419 verkl

Echtes Johanniskraut

Hypericum perforatum

Echte Schlüsselblume

Primula veris

 

Ich hoffe Ihnen eine Übersicht über die Bedeutung des Erhalts unserer einheimischen Flora vermittelt zu haben. Vielleicht werden wir uns in Zukunft auch wieder häufiger an heimischen Wildblumen wie Scharfgarbe (Achillea millefolium), Gelbe Skabiose (Scabiosa ochroleuca), Johanniskraut(Hypericum perforatum) oder Schlüsselblume (Primula veris) erfreuen können. Übrigens, diese Arten finden sich auch in der Blühmischung.

P.S. Der Botanische Garten Berlin ist Verbundpartner im Projekt „Wildpflanzenschutz in Deutschland" (WIPs-De), worüber ich Sie in wenigen Wochen informieren möchte.

Text: Tim Kortekamp

Fotos, wenn nicht anders angegeben: Birgit Nordt

Am Freitag den 25.08.23 war es wieder soweit und der Botanische Garten Berlin hat erneut seine Türen für einen unserer Bürger*innendialoge geöffnet. Anders als in den vergangenen Veranstaltungen haben wir uns diesmal spezifisch mit der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt beschäftigt. Diese wird derzeit vom Berliner Senat novelliert und alle Berliner Bürger*innen waren eingeladen, sich bei unserem Dialog und damit direkt in die Strategie einzubringen.

Nachdem Dr. Gerald Parolly (Botanischer Garten Berlin) und Prof. Aletta Bonn (iDiv Halle-Jena-Leipzig) den Abend im warmen Gewächshaus eröffnet haben, wurden die Projektziele und auch schon die ersten Ergebnisse des Projektes vorgestellt. Dabei hat Wayne Schmitt (Botanischer Garten Berlin) einen ersten Einblick in die phänologischen Ergebnisse der Klimabeete gegeben. Hannah Prawitz, die neue Mitarbeiterin (iDiv Halle-Jena-Leipzig) im Projekt, hat diese durch die ersten Erkenntnisse aus den vergangenen Bürger*innendialogen ergänzt.

Begrüßung Begrüßung

Vortrag der Ergebnisse

Vortrag der Ergebnisse

Nach diesen ersten Eindrücken haben die Verantwortlichen der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt übernommen und einen spannenden Einblick in ihre aktuelle Arbeit gegeben. Trotz der Hitze folgten alle gespannt Sandra Naumann’s (Berliner Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt) Vortrag zum Berlin Urban Nature Pact. Anschließend an diese globale Einordnung stellte Gabriele Pütz (gruppe F und Sachverständigenbeirat für Naturschutz und Landschaftspflege) den aktuellen Planungsstand der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt vor und lud alle Anwesenden ein, sich an den folgenden Diskussionen zu beteiligen und damit direkt in die Strategie einzubringen.

Sandra Naumann Vortrag

Gabriele Pütz Vortrag

In einem interaktiven Format diskutierten wir dann spezifisch über drei Themenfelder der Strategie (Private / halböffentliche Grünflächen, Gebäude als Lebensraum & Lebensqualität) und überlegten, wie die schon vorgeschlagenen Maßnahmen ergänzt werden könnten und wie sich Bürger*innen direkt in die Umsetzung der Strategie einbringen können. Bei Sonne und unter freiem Himmel wurden enthusiastische und produktive Diskussionen geführt. 

Die Ergebnisse dieser sind sehr vielfältig und umfassend. Dabei wurden die Wichtigkeit der Natur- und Umweltbildung, die Mobilisierung ganz diverser Gruppen und die Notwendigkeit von verbindlichen und finanzierbaren Maßnahmen hervorgehoben. Alle waren sich einig, dass es kontrollierbare Maßnahmen und Indikatoren braucht, um die Umsetzung der Strategie zu begleiten. Dabei können Bürger*innen ganz unterschiedliche Rollen einnehmen. Von eigenen Bildungsangeboten über die Teilnahme an Citizen Sciences Projekten wie Pflanze KlimaKultur! bis hin zu aktivistischen Beteiligungsformen wurde vieles genannt: “Manchmal hilft es am Meisten, die Unternehmen und Verwaltungen freundlich [zu] nerven.”

Die Ergebnisse werden nun ausgewertet und direkt an die beiden Verantwortlichen der Strategie übergeben. 

 

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Teilnehmer*innen für einen schönen und produktiven Abend und freuen uns schon auf kommende gemeinsame Veranstaltungen. 

Fotos: Sebastian Treu

 

 

Als Fortsetzung zu Robin Pelzers früherem Post über Hummeln möchte er hier über das Thema Nistkästen für Hummeln berichten.

Der letzte Bericht handelte vom Lebenszyklus der Hummeln und von Unterschieden zwischen Stadt- und Landhummeln. Daran anknüpfend soll es in diesem Bericht um Hummel-Nisthilfen als Ausgleich für fehlende unterirdische Hasenbauten oder oberirdische Höhlen gehen.

Abhilfe können spezielle Nistkästen, auch Hummelhäuser genannt, schaffen. Nistkästen können beispielsweise aus Holz, Holzbeton, Keramik, Granit und sogar aus Styropor gebaut sein. Doch alle Hummelhäuser haben einen ähnlichen Aufbau. Je nach Hummelart wird ein mehr oder weniger großer Innenraum benötigt. Eberhard von Hagen und Ambros Aichhorn empfehlen in ihrem Buch für individuenreiche Hummelvölker (z.B. dunkle, helle, große und Kryptarum-Erdhummel; Steinhummel; Bergwaldhummel) Maße von 45 x 40 x 35 cm (L x B x H) und für individuenarme Hummelvölker (z.B. Wiesenhummel, Grashummel, Ackerhummel, Feldhummel) Maße von 35 x 30 x 25 cm. Als Nistmaterial kann ich Polsterwolle und Kapok empfehlen, die leicht zerrupft und locker in den Innenraum gelegt werden. Generell können unterirdische und oberirdische Nistkästen unterschieden werden. Bei der unterirdischen Variante wird der Nistkasten vollständig eingegraben und bietet den Hummeln ein angenehmes gleichbleibend temperiertes Mikroklima. Allerdings kann Niederschlagswasser leichter in das Nest eindringen und das Hummelvolk durch Bildung von Schimmelpilzen gefährden. Die Grundfeuchte des Bodens setzt zudem dem Material des Nistkastens zu. Daher empfehle ich den oberirdischen Nistkasten. Zum Schutz vor Wind und Wetter sollte das Einflugloch des Nistkastens nicht der Hauptwetterseite zugewandt sein. Um Hitzestau und das Schmelzen der Waben zu vermeiden, muss darauf geachtet werden, dass der Nistkasten im Schatten steht. Für erdnistende Hummeln muss im Nistkasten eine Einlaufröhre vorhanden sein, die den Tieren den Ein- und Ausgang eines Mäusenestes suggerieren soll. Eine weitere wichtige Besonderheit bei einem Hummelnistkasten ist die Wachsmottenklappe (Aufnahme 1), die das Einflugloch abdeckt und das Eindringen der Wachsmotte (Galleriinae) verhindert. Dabei handelt es sich um Parasiten, die das ganze Hummelvolk abtöten können. Das Wachsmottenweibchen legt Eier in die Nähe des Hummelnestes, woraus Larven schlüpfen, die sich von Pollen, Wachs und von der Hummelbrut ernähren. Da sich die Larven den Geruch der Hummeln aneignen und sich mit einem Gespinst schützen, werden sie von dem Hummelvolk nicht bekämpft. Mit einer Wachsmottenklappe kann die Wachsmotte nicht eindringen und das Hummelvolk ist geschützt. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit wissen die Hummeln, dass sie die Klappe beim Ein- und Ausstieg des Nestes mit dem Kopf aktiv hochheben müssen, wie in Aufnahme 1 ersichtlich. Um Hummelköniginnen anzulocken, sollte das Flugloch blau angestrichen sein (auf keinen Fall rot, Hummeln können die Farbe Rot nicht sehen).

Aufnahme 1: Funktionsweise einer Wachsmottenklappe

Steht der Hummelnistkasten an einem geeigneten Platz, kann im Frühjahr eine Hummelkönigin einziehen. Eine Hummelkönigin ohne Nistplatz ist an dem stark suchenden Verhalten knapp über der Erdoberfläche erkennbar. In der Aufnahme 2 wird deutlich, dass sie dabei wie magisch von Felsspalten, Lücken zwischen Töpfen und Ähnlichem angezogen wird und akribisch jeden potenziellen Nistplatz prüft. Hat sie ein geeignetes Loch gefunden, fliegt sie mit auffälligen Pendelflugbewegungen auf den Eingang zu. Bei der Besiedelung des Nistkastens kann ebenso mit einem Kescher und einer Einsetzhilfe (Bild 1) nachgeholfen werden. Dies ist nur dann erfolgreich, wenn die Hummel stressfrei behandelt wird. Daher sollten die Tiere nicht in der Luft gefangen werden! Eine bewährte Methode ist es, zu warten, bis sich die Hummelkönigin bei der Nistplatzsuche niedergelassen hat. Anschließend wird das Netz mit erhobenem Zipfel über die Hummel gestülpt. So fliegt die Hummel automatisch nach oben und kann in die Einsetzhilfe laufen. Die Einsetzhilfe wird sofort mit der Öffnung an das Einflugloch gehalten und mit der Hand verdunkelt. Wenn die Hummel in den Nistkasten gelaufen ist, wird die Öffnung mit einem Stein, Papier oder Ähnlichem für 5 min geschlossen. Verlässt die Hummel nach 20 bis 60 min in immer größer werdenden Flugkreisen das Nest, so war die Besiedlung des Nistkastens erfolgreich und die Hummelkönigin wird mit dem Nestbau beginnen. Bei dem als Sondierungsflug bezeichnetes Verhalten prägt sich die Hummel die Umgebung genau ein, um den Nistplatz wiederzufinden. Die Aufnahme 3 zeigt einen Sondierungsflug einer frisch geschlüpften Steinhummel-Arbeiterin, die sich ähnlich wie die Hummelkönigin bei ihrem ersten Flug orientieren muss. Im Gegensatz dazu ist in der Aufnahme 4 eine ältere Arbeiterin zu sehen, die den Standort ihres Nestes bereits erlernt hat.

Kescher

Aufnahme 2: Verhalten einer Hummelkönigin, die einen Nistplatz sucht

 Bild 1: links: Kescher, rechts: Einsetzhilfe bestehend aus einem Zylinder und einer Plastikkarte als Verschluss
 

Aufnahme 3: Sondierungsflug einer frisch geschlüpften Hummel-Arbeiterin

 Aufnahme 4: Abflug einer älteren Hummel-Arbeiterin, die Standort des Nestes erlernt hat

Nistkästen geben Hummeln eine unterstützende Möglichkeit, sich in urbanen Landschaften zu etablieren. Aufgrund ihrer Friedfertigkeit können Hummelnistästen bedenkenlos in Gärten aufgestellt werden. Auch für Kinder ist das Beobachten der fleißigen Arbeiterinnen interessant. Geöffnet werden muss das Hummelhotel nicht zwangsweise. Nur wenn ein Rückgang der Anzahl der Hummelarbeiterinnen festgestellt wird, sollte vorsichtig geprüft werden, ob sich Wachsmottenlarven das Hummelnest bedrohen. Dabei wird der Deckel vorsichtig angehoben und nach etwaigen Gespinsten der Wachsmottenlarve gesucht (Vorsicht: die Hummeln könnten aufgeregt und aggressiv reagieren, sie werden auffliegen, Aufnahme 5). Werden solche Larven entdeckt, sollten diese sofort entfernt werden. Sind alle Larven abgesammelt, sollte mit dem Schließen des Nestes so lange gewartet werden, bis sich die meisten aufgeschreckten Hummeln wieder auf dem Nest niedergelassen haben. Werden diese wenigen Punkte beachtet, bereichert ein Hummelnistkasten Ihren Garten!

Aufnahme 5: Verhalten eines Hummelstaats beim Öffnen des Nistkastens

Text, Bilder, Aufnahme: Robin Pelzer

Logo Botanischer Garten Berlin
fu logo 188x50
Logo iDiv
Logo Friedrich-Schiller-Universität Jena
Logo Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Logo Universität Leipzig
Logo Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Logo PhenObs
Logo Flora Incognita
Logo Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Logo Climate-KIC
Logo Blühender Campus FU
Logo Blühender Campus FU
 
 
 
 
BMBF 252x200
Das Projekt hat eine Laufzeit von Juli 2021 bis Februar 2024 (verlängert bis Dezember 2024) und wird im Rahmen des Förderbereichs Bürgerforschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es gehört zu 15 Projekten, die bis Ende 2024 die Zusammenarbeit von Bürger*innen und Wissenschaftler*innen inhaltlich und methodisch voranbringen und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben sollen.
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.