21.06.2023 – Die pflanzliche Entwicklung von Arten verschiedener Herkünfte: Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Der nächste Post für unsere Artikelreihe wurde von Luise Schidlo aus Jena geschrieben. Hier hat erläutert sie das Thema ihrer Bachelorarbeit, und zwar, was ist der Zusammenhang zwischen Phänologie, Merkmale und genetische Herkunft. Für Pflanze KlimaKultur! war es uns wichtig, eine einheitliche genetische Herkunft zu verwenden und mit diesem Post können Sie besser nachvollziehen, warum wir das entschieden haben.

Im heutigen Blogpost möchte ich Ihnen meine Bachelorarbeit mit dem Thema „Können dieselben Unterschiede in Phänologie und funktionellen Merkmalen, welche zwischen botanischen Gärten im PhenObs-Projekt identifiziert wurden, auch in einem common-garden Experiment festgestellt werden?“ vorstellen. Mein Name ist Luise Schidlo und ich studiere im 6. Semester an der Universität Jena Biologie. Meine Abschlussarbeit beschäftigt sich ebenso wie das Projekt Pflanze KlimaKultur! mit dem Zusammenhang von Phänologie verschiedener krautiger Arten und dem Klima. Anders als beim Projekt Pflanze KlimaKultur! habe ich jedoch statt Saatgut von einer Mutterpflanze zu nutzen, Saatgut von mehreren Mutterpflanzen, aus verschiedenen botanischen Gärten gesammelt und angezogen. Die Daten von Pflanze KlimaKultur! sollen also vor allem die Phänologie mit dem Standort und dessen Bedingungen verknüpfen. Dem entgegengesetzt, soll bei meinem Experiment vor allem beobachtete werden, was die Herkunft des Saatgutes für eine Rolle spielt, wenn alle Organismen am selben Standort, unter denselben Bedingungen angezogen werden. Anschließend werden meine erhobenen Daten mit im Rahmen des Projektes PhenObs erhobenen Daten verglichen, um einen Eindruck davon zu gewinnen, inwiefern die Herkunft der Pflanzen bei der Diskussion von phänologischen Daten berücksichtigt werden muss.

Für das Experiment wurden fünf Arten ausgewählt und Samen von je drei verschiedenen botanischen Gärten in einem common-garden in Jena angezogen. Common-garden meint in diesem Falle, dass alle Arten unter gleichen Bedingungen am selben Standort, dem botanischen Garten in Jena, angezogen wurden. Bei den Arten handelt es sich um Achillea millefolium (gemeine Schafgarbe, s. Abb. 1), Aquilegia vulgaris (gemeine Akelei, s. Abb. 1), Plantago lanceolata (Spitzwegerich, s. Abb. 2), Saponaria officinalis (gewöhnliches Seifenkraut) und Vincetoxicum hirundia (weiße Schwalbenwurz). Die botanischen Gärten der Samenherkünfte sind über einen Nord-Süd-Gradienten von Berlin als nördlichsten Punkt und Gijon (Spanien) als südlichsten Punkt verteilt, um einen Klimagradienten zu garantieren. Die Samen wurden im Dezember gesät, im Kühlschrank gelagert, um diese zu Stratifizieren und anschließend für die Keimung in ein Gewächshaus überführt. Ab diesem Zeitpunkt wurden täglich die Keimlinge gezählt, um Keimungsrate und Keimungsgeschwindigkeit zu bestimmen. Schon hier konnten signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Herkünften innerhalb einer Art festgestellt werden.

Keimungsexperiment Achillea millefolium und Aquilegia vulgaris Keimungsexperiment Plantago lanceolata

Abbildung 1: Keimungsexperiment, links Achillea millefolium, rechts Aquilegia vulgaris

Abbildung 2: Keimungsexperiment Plantago lanceolata 

Anschließend wurden die Keimlinge in Einzeltöpfe pikiert und Anfang April ins Freiland überführt. Hier wurden je zwei Replikate, pro Art und Akzession für einen Versuchsblock genutzt. Das Experiment besteht aus insgesamt vier Blöcken, auf denen die Individuen zufällig verteilt sind (siehe Abb. 3 und 4). Ab diesem Zeitpunkt wurden, alle zwei Wochen, Merkmale wie Pflanzengröße, Blattanzahl und Länge des längsten Blattes gemessen und zum Zeitpunkt der Blüte funktionelle Merkmale wie Leaf Dry Matter Content (LDMC, deutsch: Blatt-Trockenmassegehalt) und Specific Leaf Area (SLA, deutsch: spezifische Blattfläche) bestimmt.

Blockdesign des Experimentes Draufsicht auf einen der vier Blöcke mit den Versuchspflanzen

Abbildung 3: Blockdesign des Experimentes

 Abbildung 4: Draufsicht auf einen der vier Blöcke mit den Versuchspflanzen

Neben den funktionellen Merkmalen wurde auch die Phänologie der Pflanzen beobachtet. So wurden beispielsweise für Plantago lanceolata der Tag der ersten Knospe, der Punkt, an welchem der Knospenstand eine Länge von 10cm erreicht hat, und der Tag der ersten Blüte aufgenommen. Hier deuten die ersten Ergebnisse der Beobachtung daraufhin, dass die Herkunft des Saatgutes einen wesentlichen Einfluss auf die Phänologie der Pflanzen hat und die Merkmalsunterschiede vermutlich auch genetisch verankert sind. So bildeten die Plantago-Pflanzen aus Wien als erstes Knospen und Blüten, anschließend die Pflanzen aus Jena und danach die Pflanzen aus Berlin (s. Abb. 5). Diese Beobachtung bestätigt den Stand der Forschung, dass Pflanzen aus südlicheren, wärmeren Regionen eine verfrühte Phänologie im Vergleich zu Pflanzen aus nördlicheren, kühleren Regionen haben. Weitere phänologische Aufnahmen, auch für die anderen Arten, werden im Laufe des Jahres hinzukommen.

Plantago lanceolata Pflanzen vom selben Versuchsblock von den drei Akzessionen

Abbildung 5: Plantago lanceolata Pflanzen vom selben Versuchsblock von den drei Akzessionen; links: Berlin: Knospenbildung und shoot-Phase, Mitte: Jena: in voller Blüte, rechts: Wien: teilweise in Blüte, teilweise verblüht

Im Anschluss an die Datenaufnahme sollen die Daten mit den innerhalb des PhenObs-Projektes gesammelten Daten verglichen werden, um Schlussfolgerungen zu ziehen, inwiefern die Herkunft, der Arten, bei der Diskussion von phänologischen Daten berücksichtigt werden muss.

Die Bachelorarbeit ist Teil eines größeren Projektes, welches bis 2024 weitergeführt werden wird. Es ist besonders relevant, dass das Projekt weitergeführt wird, um zu vermeiden das beobachtete Unterschiede stark von den verschiedenen Keimungszeitpunkten beeinflusst sind. Des Weiteren gehen wir davon aus, dass Arten wie Aquilegia vulgaris und Vincetoxicum hirundia erst im zweiten Jahr zur Blüte kommen werden und so im Jahr 2024 zusätzliche Daten, inklusive „erster Austrieb“ und „Blattentfaltung“ aller Arten, gesammelt werden können. Das vor allem die Daten ab dem zweiten Jahr relevant sind lässt sich auch sehr gut bei den Pflanze KlimaKultur!-"Klimabeeten" beobachten, da auch hier Arten wie die Goldrute und die Skabiose erst ab dem zweiten Jahr blühen und die Daten an Aussagekraft gewinnen, wenn sie nicht mehr vom Zeitpunkt des Auspflanzens beeinflusst werden.

Text und Fotos: Luise Schidlo

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BMBF 252x200
Das Projekt hat eine Laufzeit von Juli 2021 bis Februar 2024 (verlängert bis Dezember 2024) und wird im Rahmen des Förderbereichs Bürgerforschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es gehört zu 15 Projekten, die bis Ende 2024 die Zusammenarbeit von Bürger*innen und Wissenschaftler*innen inhaltlich und methodisch voranbringen und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben sollen.