22.09.2023 – Pflanze KlimaKultur! in Leipzig bei der GfÖ-Tagung

Die Gesellschaft für Ökologie für Deutschland, Österreich und die Schweiz (GfÖ) besteht seit 1970 als unabhängige wissenschaftliche Organisation, die ökologische Forschung durch Zusammenarbeit, Austausch und Ausbildung fördert (https://gfoe.org/de/gfoe). Zur 52. Jahrestagung kamen die Mitglieder vom 12. bis 16. September 2023 in Leipzig unter dem Motto „The Future of Biodiversity - overcoming barriers of taxa, realms and scales” zusammen (Die Zukunft der Biodiversität - Grenzen von Taxa, Bereichen und Skalen überwinden). Ausrichter war das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) mit der Arbeitsgruppe von Aletta Bonn. Pflanze KlimaKultur! wurde durch Wayne Schmitt im Rahmen eines Vortrages vertreten. Hier gibt Wayne einen persönlichen Einblick:

Die GfÖ-Tagung war die erste wissenschaftliche Tagung in Europa, an der ich teilgenommen habe. Diese Tagung war eine ganze Woche vollgepackt mit vielen parallelen Sessions. Ich habe mich gefreut, dass ich an so vielen teilnehmen konnte. In diesem Jahr nahmen mehr als 1100 Personen teil, mit über 600 Vorträgen und 300 Postern!

KNeues Augusteum Kaffee Pause

 Ein Großteil der Veranstaltung fand im Neuen Augusteum der Universität Leipzig statt

Im Eingangsbereich konnten Wissenschaftler*innen sich vernetzen und austauschen

Am 11.9. fanden bereits einige Workshops und Exkursionen statt. Man konnte mehr über Citizen Science im Biodiversitätsmonitoring, Insektenerkennung mit künstlicher Intelligenz und Biodiversitäts- und Umweltdatenmanagement erfahren. Einige wollten aber auch raus - es gab nicht nur eine Stadtführung, sondern auch eine geologische Exkursion in die Bergbaufolgelandschaft und einen Besuch der UFZ-Forschungsstation Bad Lauchstädt. Bei so vielen großartigen Möglichkeiten, fiel mir die Entscheidung schwer, aber schließlich entschied ich mich für einen Besuch des Jena Experiments.

Das Jena Experiment ist schon seit 2002 in Betrieb und eines der ältesten Biodiversitätsexperimente der Welt. Mit 10 Hektar möchten Wissenschaftler*innen, unter anderem, verschiedene Artenzusammensetzungen und die langjährige Entwicklung der Biodiversität in Grasländern erforschen. Im Hauptexperiment beobachten sie die morphologischen, phänologischen und physiologischen Merkmale von 60 Arten auf Flächen mit einer Mischung von 1 bis 16 Arten. Neben dem Hauptexperiment gibt es vier Nebenexperimente, die verschiedene Aspekte der Graslandökologie untersuchen oder untersucht haben. Insgesamt arbeiten 12 Arbeitsgruppen und einige assoziierte Projekte mit dem Jena Experiment zusammen. Aufgrund der langen Laufzeit des Jena Experiments gibt es eine Vielzahl von Daten. Das Projekt hat heute fast 30.000 Zitate in wissenschaftlichen Publikationen und einige Daten sind auch öffentlich auf seiner Website verfügbar: https://the-jena-experiment.de/index.php/data/.

Eingang des Jena Experiments

 Eingang zum Jena Experiment mit einem Informationstafel

 Die Versuchsflächen

Erläuterung der untersuchten Artenkategorien: große und kleine krautige Pflanzen, Gräser und Hülsenfrüchte

Unterirdische Wasserprobenahme

Am Dienstag begann die Tagung offiziell mit der Begrüßung durch Prof. Dr. Aletta Bonn, Prof. Dr. Henrique Pereira & Prof. Dr. Nico Eisenhauer (Organisationskomitee), Prof. Dr. Eva Inés Obergfell (Rektorin der Universität Leipzig), Peter Wasem (Leiter des Amtes für Umweltschutz der Stadt Leipzig) und Prof. Dr. Christian Ammer (Präsident der GfÖ).

Eröffnung der Tagung

Eröffnung der Tagung

Nach einer kurzen Kaffeepause ging es dann in die „Open Sessions“, in denen jeweils 8 Vortragende mit jeweils 12 Minuten Vortrag und 3 Minuten Diskussionszeit auftraten. Am ersten Tag ging es viel um Themen, mit denen ich mich in meiner Masterarbeit beschäftigt habe. Meine Masterarbeit war eine Priorisierung der Habitate der Europäischen Sumpfschildkröte im Südwesten Portugals. Die Lebensräume dieser Reptilien wurden leider im Laufe der Jahre durch die Intensivierung der Landwirtschaft und den Ausbau der menschlichen Infrastruktur zerstört. Mit Hilfe von Satellitendaten und einer Vor-Ort-Untersuchung der noch existierenden Teiche untersuchte ich die Konnektivität zwischen ihren Lebensräumen, um herauszufinden, welche am bei der Wiederherstellung priorisiert werden sollten.

Zuerst besuchte ich die Session über Fernerkundung in der Biodiversität. Hier ging es um die Nutzung von LiDAR-, Satelliten- und Drohnendaten für die Biodiversitätsforschung. Dieses Thema interessiert mich nicht nur wegen meiner Masterarbeit, sondern auch weil wir Daten für Landbedeckung auf Basis von Satellitendaten in der Auswertung für Pflanze KlimaKultur! verwenden. Die verschiedenen Experimente in dieser Session haben Flächen von der Mecklenburgischen Seenplatte bis zum Amazonas untersucht.

Eine Forschungsgruppe am Remote Sensing Centre for Earth System Research (RSC4Earth) der Universität Leipzig forscht hier auch mit der Hilfe von Citizen Science. Hier werden Daten von Apps wie iNaturalist und PlantNet genutzt, um Baumarten in Drohnendaten zu erkennen.

Salim Soltani Vortrag über Fernerkundung Vergleiche zwischen CitzenScience- und Drohnendaten

Salim Soltani spricht über die Verwendung von CS-Daten für die Artenbestimmung in der Fernerkundung

Vergleiche zwischen CS- und Drohnendaten

Nach dem Mittagessen kam die erste Keynote Speakerin: Prof. Dr. Lenore Fahrig. Ich bin wieder bei meinem Masterarbeitsthema gelandet - wie man (nicht) Prioritäten für die Erhaltung von Lebensräumen setzt. In vielen Gesetzen wird versucht, das Biodiversitätsmanagement mit Pauschalen zu regeln - z.B. werden Flächen ab einer bestimmten Größe oft gegenüber kleineren Flächen bevorzugt. Prof. Fahrig wies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung kleiner Flächen für die Migration und Bewegung von Arten hin.

Keynote Präsentation von Prof. Fahrig Diskussion nach dem Vortrag über Zoom

Keynote-Präsentation von Prof. Fahrig über die Priorisierung von Lebensräumen

Nach der Präsentation gab es Zeit für eine kurze Diskussion mit Prof. Fahrig

Nach dieser Keynote ging es wieder in die offenen Sessions. Hier konnte ich einen Vortrag von Prof. Dr. Luís Borda de Agua hören. Prof. Borda de Agua hat mir bei meiner Masterarbeit mit Statistik geholfen. In dieser Session hat er seine Forschung über die Beziehung zwischen Artenreichtum und Flächengröße vorgestellt. Um diese Beziehung zu untersuchen, verwendet er Daten der Global Biodiversity Information Facility (GBIF), einem frei zugänglichen Netzwerk zur Biodiversität. Diese Daten werden von Citizen Science Plattformen wie iNaturalist und Pl@ntNet bereichert. 

Vortrag von Prof. Borda de Agua

Vortrag von Prof. Luís Borda de Agua über den Zusammenhang zwischen Flächengröße und Artenreichtum

Mein Vortrag für das Projekt Pflanze KlimaKultur! wurde in der Session zur Phänologie gehalten. Hier wurden Beiträge zu Pflanzen und Tieren von (u.a.) Prof. Dr. Christine Römermann und Dr. Robert Rauschkolb vom Projektteam in Jena moderiert. Diese Session fing mit einer phänologischen Analyse mit Hilfe von Citizen Science Daten an. Hier untersucht Dr. Yves Klinger die Phänologie invasiver Arten in Europa anhand von GBIF-Daten. So kann auf einer Karte schön dargestellt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Stauden-Lupine an einem bestimmten Tag blüht. Mehr zu diesem Thema finden Sie auf Englisch in dieser wissenschaftlichen Veröffentlichung

Vortrag von Yves Klinger Ergebnisse in Form von Karten der Blühwahrscheinlichkeit

Vortrag von Dr. Yves Klinger über die Auswertung von CS-Daten zur Phänologie invasiver Arten

Seine Ergebnisse: Karten mit Blühwahrscheinlichkeit an einem bestimmten Tag

Dann war ich an der Reihe. Ich habe unser Projekt einem neuen Publikum vorgestellt und erste phänologische Ergebnisse präsentiert. Hier haben wir zum Beispiel gesehen, dass der Blühbeginn der Klimabeete im Jahr 2022 nicht nur mit der Temperatur zusammenhängt, sondern auch mit Grünflächen im Umkreis von 500 m - natürlich unter Vorbehalt, da nicht alle Arten berücksichtigt werden konnten, weil nicht alle geblüht haben. Mit dem ersten Austrieb im Jahr 2023 konnte man einen Zusammenhang mit der Temperatur sehen, aber keinen mit der Grünfläche. Mit einem Modell könnten wir sehen, dass die Lufttemperatur und die Stadt einen signifikanten Einfluss auf den ersten Austrieb haben, aber nicht die Interaktion zwischen diesen beiden Variablen. Das bedeutet, dass die Temperatur in allen vier Städten einen ähnlichen Einfluss auf die Phänologie hatte. Hier haben wir eine Perspektive für unsere Forschung aufgezeigt, nämlich zu sehen, ob die Grünfläche vielleicht einen saisonalen Einfluss auf die verschiedenen Stadien hat - wird die Grünfläche im Winter einen geringeren Einfluss haben? Dazu werden wir weitere Stadien auswerten. Natürlich haben wir an dieser Stelle auch die Wichtigkeit von Citizen Science betont, dass wir auch einen nachhaltigen Eindruck bei unseren Bürgerwissenschaftler*innen hinterlassen wollen und dafür die Daten der Bürger*innendialoge auswerten, um zu sehen, welche Veränderungen sich unsere Bürger*innen für eine biologisch vielfältigere Stadt wünschen.

Vortrag für Pflanze KlimaKultur! Graphik der Ergebnisse für Blühbeginn 2022 und Erster Trieb 2023

 Mein Vortrag für Pflanze KlimaKultur!
Foto: Hannah Prawitz

Zusammenhänge zwischen Phänologie, Temperatur und Grünflächen
Foto: Hannah Prawitz

Darüber hinaus gab es 14 weitere Vorträge zur Phänologie von Pflanzen und Tieren. Einer davon war ein Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb über die Anwendung von Wachstumsgradtagen, die in der Landwirtschaft für viele Kulturpflanzen wichtig sind, aber auch für krautige Pflanzen nützlich sein können, und welche Parameter für die Berechnung dieser Wachstumsgradtage relevant sind.

Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb

Vortrag von Dr. Robert Rauschkolb über die Verwendung von Wachstumsgradtagen in der phänologischen Forschung an krautigen Pflanzen

Leider gab es viele Sessions, die ich nicht sehen konnte, da einige parallel liefen. Dr. Martin Freiberg aus dem Leipzig Team und Hannah Prawitz aus dem iDiv Team haben Vorträge gehalten. Dr. Sabrina Träger aus dem Halle Team hat auch ein Poster präsentiert. Aletta Bonn aus dem iDiv Team war nicht nur Mitglied des Organisationskomitees, sondern leitete auch Sessions und hielt einen Workshop zu Citizen Science und ein Symposium zu Biodiversitätsmonitoring in Europa.

Die Tagung war für mich eine großartige Erfahrung, um mich mit anderen Wissenschaftler*innen auszutauschen und unser Projekt vorzustellen. Ich habe viel gelernt, was uns vielleicht auch bei der weiteren Auswertung unserer Daten helfen kann, um neue Ergebnisse präsentieren zu können.

Fotos, wenn nicht anders angegeben: Wayne Schmitt

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BMBF 252x200
Das Projekt hat eine Laufzeit von Juli 2021 bis Februar 2024 (verlängert bis Dezember 2024) und wird im Rahmen des Förderbereichs Bürgerforschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es gehört zu 15 Projekten, die bis Ende 2024 die Zusammenarbeit von Bürger*innen und Wissenschaftler*innen inhaltlich und methodisch voranbringen und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben sollen.
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